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Elisabeth Voß

Einleitung Nachhaltigkeit

Bekanntlich gibt es sehr kontroverse Einschätzungen zur Notwendigkeit und Berechtigung der Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit. Dies betrifft sowohl die doch recht dürftigen Bemühungen staatlicherseits zur Umsetzung der Klimaschutzziele, als auch die Bemühungen der NGOs, Nachhaltigkeit in konkrete zivilgesellschaftliche Leitbilder zu übersetzen. Da wir uns mit dem vorliegenden Jahrbuch entschieden haben, das Thema nicht den anderen zu überlassen, ist es uns um so wichtiger, eine fundierte Kritik am gegenwärtigen Nachhaltigkeitsdiskurs einzubeziehen, um im nächsten Schritt eigene Inhalte und mögliche Herangehensweisen zu formulieren.

Daher beginnen wir mit dem Abdruck des Thesenpapiers Nachhaltigkeit und linke Politik der PDS-Bundestagsabgeordneten Eva Bulling-Schröter. Darin liefert sie neben einer Nachhaltigkeitskritik auch eine politische Begründung für die Einmischung in die Debatte.
Im Beitrag Soziale Nachhaltigkeit – Stiefkind der Sustainable-Development-Diskussion plädieren die Unternehmens- und Projektberater Burghard Flieger und Elmar Sing dafür, Nachhaltigkeit in der Trias Ökologie, Ökonomie und Soziales ernst zu nehmen und auch den bisher eher vernachlässigten Bereich des Sozialen in konkrete Schritte einer Nachhaltigkeits-Strategie einzubinden, insbesondere auf Unternehmens-Ebene. Das Soziale soll dort neben ökonomischer Stabilität und (immer häufiger zertifizierten) ökologisch verträglichen Produktionsabläufen seinen selbstverständlichen Platz bekommen.

Um eine praktische Kooperation von Privatwirtschaft und an Nachhaltigkeit im Sinne der Agenda 21 ausgerichteten Projekten geht es bei der von Erhard O. Müller mitbegründeten und hier beschriebenen Projektbörse Nachhaltigkeit, die im Jahr 2000 in Berlin durchgeführt wurde. Sie entstand aus der Arbeit des Runden Tisches zur Nachhaltigen Entwicklung in Berlin und Brandenburg und hatte die Förderung und Vernetzung modellhafter Projekte im Sinne der Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien zum Ziel. An diesem praktischen Beispiel zeigt der Autor die Umsetzungsschritte, aber auch die Schwierigkeiten einer solchen „Interessenpartnerschaft“ zwischen Wirtschaft und sozialen Bewegungen auf.
Seitens der Gewerkschaften gibt es nun auch Ansätze einer fundierten Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit. Im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung haben renommierte Forschungsinstitute unter dem Aspekt Arbeit und Ökologie Szenarien zu den drei Hauptsäulen Nachhaltiger Entwicklung ausgearbeitet: das Wuppertal Institut (WI) zur Ökologie, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin zur Ökonomie und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) zum Sozialen. Die Ergebnisse der Studie Wege in eine nachhaltige Zukunft klingen fast zu glatt, um glaubhaft zu sein: „Eine sozial-ökologische Reformstrategie, die wirtschaftliche Effizienz, ressourcenschonende Produktion, umweltgerechten Konsum und soziale Gerechtigkeit miteinander verbindet, ist grundsätzlich machbar.“1 lautet die frohe Botschaft, und wird kurz auf den Punkt gebracht mit der Behauptung: „Wachstum, Vollbeschäftigung und Nachhaltigkeit sind vereinbar“2 . Nichtsdestotrotz sollten die entwickelten Szenarien und die sich aus ihnen ergebenden konkreten Handlungserfordernisse ernst genommen und auf allen Ebenen gewerkschaftlicher Politik in entsprechende Vorschläge und Forderungen umgesetzt werden, zumal solch vernünftige Dinge wie Arbeitszeitverkürzungen bei steigenden Einkommen, Versicherungspflicht für alle, Grundsicherung, gebührenfreie Ausbildung etc. hier wissenschaftlich fundiert als umsetzbar und im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sinnvoll dargelegt wurden.

Anmerkungen
1 „Fazit und Ausblick des Verbundprojekts Arbeit und Ökologie“, Kurzfassung Seite 32
2 „Nachhaltigkeit als neue Chance für die Gewerkschaften“, Kurzfassung Seite 35

 

Email: Elisabeth Voß
Elisabeth Voß ist Mitherausgeberin dieses Jahrbuchs, seit vielen Jahren aktiv im TAK AÖ und anderen alternativökonomischen Zusammenhängen, Veröffentlichungen u.a. in Contraste - Monatszeitung für Selbstorganisation und im Kommunebuch (Verlag Die Werkstatt 1996).

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