xxx Was bewegt sich in den Gemeinschaftsszenen? Was haben Gemeinschaften mit
Nachhaltigkeit zu tun? Über Ökologie wird in den Gemeinschaften theoretisch gestritten und um praktische Umsetzungen gerungen, an ihr wird aber wohl kaum eine Gemeinschaft zerbrechen. Ob die Ökonomie funktioniert und eine erfolgreiche Integration der verschiedenen Generationen gelingt, ist wichtiger für den dauerhaften Bestand einer Gruppe. Ein befriedigendes soziales Miteinander ist eine Voraussetzung, ohne die es bereits in kurzen Zeiträumen zum Scheitern kommt. Das soziale Miteinander braucht eine Basis. Historisch und aktuell ist diese Basis bei den verschiedenen Gemeinschaften sehr unterschiedlich gewesen. Aspekte dieser Basis sind: ökonomische Notwendigkeiten, spirituelle Grundlagen, politische Zielsetzungen und therapeutische Ansätze. Gemeinschaften basieren in der Regel nicht einzig und allein auf einem der vier Aspekte, häufig überlagern und ergänzen sich diese. Die Gruppen sind in ihrem Alltag und bezüglich ihres Erfolges von der Gewichtung dieser Aspekte sehr geprägt. Ökonomisch-existentielle Zwänge als Grund
sich in Gemeinschaften zusammenzuschliessen, bestimmen entwicklungsgeschichtlich die
Menschheit. In der neueren Geschichte spielen solche Zwänge für einzelne Mitglieder von
Gemeinschaften durchaus auch weiterhin eine Rolle, als bewusstes zentrales Moment der
Gruppenbildung ist dieser Aspekt jedoch zur Zeit nicht bedeutend. Eine klare
religiös-spirituelle Ausrichtung bei der Gemeinschaftsgründung hat sich in den letzten
Jahrhunderten am deutlichsten als Erfolgsrezept herausgestellt, wenn mensch den Erfolg an
der Dauerhaftigkeit einer Bewegung misst. Klare therapeutische Ansätze bringen in der
Regel das Problem mit sich, dass sie von einer Hierarchie zwischen KlientInnen und
TherapeutInnen ausgehen. Dies widerspricht den Gleichheitsidealen, die weitgehend die
modernen Gemeinschaften prägen. Seit ca. 30 Jahren gibt es therapeutische Ansätze von
Gruppen, die von der Therapiebedürftigkeit aller Mitglieder ausgehen und damit das
skizzierte Hierarchieproblem umgehen wollen (was z.B. in der Anfangsphase zumindest den
Gruppen der Aktionsanalytischen Organisation (AAO)1 nicht gelungen ist). Eine Fokussierung
auf einen ausschließlich therapeutischen Ansatz kann nach meiner Einschätzung keine
Basis bilden für eine dauerhafte Gemeinschaft. Eine solche Ausrichtung beinhaltet die
kaum zu umgehende Gefahr, zum Selbstzweck zu verkommen. Demgegenüber haben rein politisch
motivierte Gruppen mit dem Drang gesellschaftlich zu wirken häufig größte Probleme, das
soziale Miteinander zu organisieren. Die Begriffe Gemeinschaft und Kommune lassen sich durch Adjektive wie: spirituell, religiös oder politisch weiter differenzieren. Eine ausreichende Trennschärfe lässt sich aber auch mit diesen Begriffen nicht erreichen. Meine Betrachtungen basieren auf unterschiedlichem Informationsmaterial, das unterschiedlich differenziert. Gemeinschaften bestehen aus lebendigen Menschen, deshalb gibt es keine zwei Gemeinschaften, die gleich sind. Entwicklung und Vernetzung von
Gemeinschaften Die aus den Eurotopia-Zahlen ersichtliche Häufung von Projekten im Osten ist sicher zum Teil daraus zu erklären, dass sich infolge der günstigeren Immobilienpreise im Osten einige Wessie-Projekte im Osten angesiedelt haben. Ob dies als Erklärungsmuster für die ungleiche Verteilung alleine ausreicht, kann bezweifelt werden. Zumindest die weitere Verschiebung zugunsten der östlichen Bundesländer im Zeitraum 1993 bis 1999 lässt sich daraus nicht erklären. Eine Interpretation dahingehend, dass die ungünstigere Wirtschaftslage im Osten die Gründung von Gemeinschaften anregt drängt sich auf, wäre aber sicher noch näher zu untersuchen. Es gibt in der vielfältigen Gemeinschaftsszene unterschiedlichste Kontakte, Austausch und punktuelle Zusammenarbeit, auch quer zu den verschiedenen Szenen. Auf Initiative v.a. des Ökodorf Groß Chüden4 findet seit Sommer 1994 das Come together statt, ein Vernetzungstreffen unterschiedlichster Gemeinschaften. Die Szene der politischen Kommunen Ebenso wie die Gemeinschaften insgesamt scheint auch der engere Kreis der politischen Kommunen von der Anzahl her relativ konstant zu bleiben. Derzeit gehören 40 Projekte mit etwa 600 Mitgliedern dazu. Die Verteilung der Projekte auf Ost und West zeigt ebenfalls gemessen an den Bevölkerungszahlen einen deutlichen Überhang zugunsten der Kommunen im Osten. Dies sagt zunächst nur etwas über die örtliche Lage der Gruppen aus. Es wird jedoch nicht deutlich, inwieweit die Kommunen in den neuen Bundesländern von Westdeutschen beeinflusst sind. Weiterhin ist auch nicht klar, ob die hier als Datenquelle benutzten Zusammenhänge, die im Westen entstanden sind, die ostdeutschen Szenen genauso umfassen, wie die westdeutschen. Die Vernetzung von Gruppen und Zusammenhängen wird aus unterschiedlichen Gründen gewünscht bzw. gefordert. Aber die Geschichte der vielfältigen Vernetzungsversuche der alternativen Szenen ist stark von Niederlagen, Misserfolgen und Enttäuschungen geprägt. Gemessen daran ist der Zusammenhang der politischen Kommunen durchaus positiv zu bewerten. Es gibt eine ausschließlich interne Zeitung und jährliche Treffen sowohl der Projekte (die leider in den letzten Jahren unter Beteiligungsschwund leiden), als auch der in Kommunen lebenden Frauen. Daneben existieren vielfältige persönliche Kontakte, die zum Teil bereits über viele Jahre Bestand haben. Einzelne Veranstaltungen wie z.B. die gemeinsame Kommune-Info-Tour durch Deutschland, die in 2000 bereits das fünftemal durchgeführt wurde5 oder das gemeinsame Projekt KommuneBuch6 , beleben die Kontakte. Neben den bundesweiten Treffen gibt es im südniedersächsisch-nordhessisch-westthüringischen Gebiet regionale Zusammenhänge, und immer mal wieder finden kleine Kommunetreffen zu bestimmten Themen statt. Bundesweit wurde in den 90er Jahren ein Solidarfonds geschaffen, der wenn auch vom Finanzvolumen noch bescheiden Ausdruck einer über die eigene Gruppe hinausgehenden Solidarität ist. Mit diesem Fonds werden Unterstützungen von bestehenden und neuen Kommunen ermöglicht, die nicht direkte Abhängigkeiten zwischen einzelnen Projekten schaffen und mögliche Risiken unter den Kommunen verteilen. Darüberhinaus gab es schon immer zwischen den Gruppen vielfache direkte finanzielle Unterstützungen, personelle Hilfeleistungen speziell im Handwerksbereich oder in der Landwirtschaft, sporadisch auch Austausch von speziellen Maschinen, Gerätschaften und Einrichtungen. Ideen, dies in größerem Stil auszuweiten, werden zur Zeit diskutiert. Die Beratungen zwischen den Kommunen haben in den letzten Jahren ebenfalls zugenommen. Diese erstrecken sich von Organisationsberatung, über konkrete Tipps bezüglich Steuer- oder Versicherungsfragen, bis zu Supervision und Konfliktberatung. Jenseits all dieser organisatorischen und materiellen Beziehungen sind die persönlichen Kontakte und der Austausch miteinander vielleicht noch ein wesentlicheres Element für die Einzelpersonen, für die Gruppen und nicht zuletzt auch für die gesellschaftliche Relevanz der politischen Kommunen. Los Gehts Aufbruch zu neuen
Gruppengründungen? Bei den Treffen fanden sich zumindest zwei
Gruppen, die konkrete Schritte in Richtung einer neuen Gemeinschaft unternehmen. Die eine
Gruppe hat inzwischen ein großes Objekt in Kassel erworben und den Schritt von der
Planung in die Realisierungsphase gemacht.8 Bei der zweiten Gruppe ist dieser Schritt in
nächster Zukunft zu erwarten.9 Im Jahr 2000 gab es in Nordrhein-Westfalen ein regionales
Los gehts-Treffen. Vom 17. bis 19. August wird es 2001 ein zweites NRW-Los gehts geben10.
In Sachsen ist für 2001 ein weiteres los gehts geplant11 Statistische Daten zu Kommunen und
Gemeinschaften
In der ersten Veröffentlichung von 1993
wurden alle Projekte, über die etwas bekannt war, aufgeführt. Bei den
Veröffentlichungen 1996 und 1999 wurden einige wenige Projekte nicht mehr aufgeführt,
obwohl sie noch existieren. Diese hatten ausdrücklich eine Nennung abgelehnt oder haben,
trotz mehrfacher Nachfrage, nicht reagiert. Wann sind die im Verzeichnis aufgeführten Projekte gegründet worden?
75 Projekte existierten im gesamten Untersuchungszeitraum von 1993 bis 1999. Auch die in dieser Tabelle sichbare Zunahme neuerer Projekte lässt nicht unbedingt auf einen Gründungsboom schliessen. Projekte aus den Neunzigern, die nach fünf Jahren scheitern, sind in dieser Statistik noch teilweise erfasst, wohingegen entsprechende Projekte aus den Siebzigern hier natürlich nicht mehr auftauchen. Die Projekte verteilen sich über die neuen und alten Bundesländer wie folgt:
Daraus zeigt sich, dass in den neuen Ländern die Gemeinschaften häufiger vertreten sind als im Westen, mit zunehmender Tendenz. Das Verhältnis der Gesamt-Bevölkerungszahlen zwischen Ost und West betrug 1998 etwa 1:4,5. Das Ost-West-Verhältnis bei der Projekteanzahl beträgt nach vorstehender Tabelle 1:3,6; 1:3,1 und 1:2,4. Daten aus dem Bereich politischer Kommunen Anzahl der Gruppen aus dem engeren Kreis der politischen Kommunen
Leider muss auch hier davor gewarnt werden den Schluss zu ziehen, die Bewegung sei am expandieren. Die Zahl aus 1994 ist entstanden, kurz nachdem 13 Projekte wegen mangelndem Interesse bzw. weil sie nicht (mehr) als Kommune zu betrachten sind, aus dem Zusammenhang ausgeschieden sind. Immerhin sind 20 der 24 Projekte von 1994 auch 2000 noch dabei. Die anderen 4 Projekte existieren in 2000 auch als Gruppen, sind aber aus unterschiedlichen Gründen aus dem Zusammenhang herausgefallen. Die Anzahl der bei diesen Projekten beteiligten Menschen wurde nie erfasst, dürfte etwa bei 600 Personen liegen. Die sich aus diesen Zahlen zeigende Kontinuität ist im historischen Vergleich recht beachtlich (s.u.) Lebensdauer Nordamerikanischer
Gemeinschaften
Anmerkungen:
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Email: Uli Barth |
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WEITERFÜHRENDE LINKS: www.contraste.org/kommune | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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