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Elisabeth Voß

Einleitung Regionale Ökonomie und Beschäftigungsförderung

Angesichts konstant hoher Erwerbslosenzahlen, vor allem in den Neuen Bundesländern, wird deutlich, dass mehr Eingriffe in den freien Markt erforderlich sind, als die üblichen Subventionen und Konjunkturspritzen. Umfassende Konzepte sind gefragt, neue Finanzierungs- und Kooperationsformen, wenn nicht eine dauerhafte Spaltung der Gesellschaft in Erwerbsarbeitende und Erwerbslose und in Arme und Reiche erfolgen soll (schon heute leben nach aktuellen Erhebungen bis zu 20 Prozent der Bevölkerung Deutschlands unterhalb der Armutsgrenze1 ). Erfahrungen und Elemente Alternativer Ökonomie sollten in solche Konzepte eingehen.

Die Erfahrungen mit den unterschiedlichen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten in den neuen Bundesländern nach zwölf Jahren Beschäftigungsförderung stellt Karsten Schuldt, Mitglied der Memorandum-Gruppe, in Herausforderungen am ostdeutschen Arbeitsmarkt dar. Dabei konstatiert er gravierende konzeptionelle Mängel und die überwiegend begrenzte Wirksamkeit der bundesdeutschen Arbeitsmarktpolitik.

Aufgrund der Erfahrungen, wie wenig kurzfristig angelegte Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne von dauerhafter Beschäftigungssicherung greifen, entwarf die PDS ihr Konzept eines Öffentlich geförderten Beschäftigungssektors, kurz ÖBS. Die Arbeitsmarktexpertin und Bundestagsabgeordnete der PDS, Heidi Knake-Werner legt in Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor: Ausbruchsversuch aus den Sackgassen der Arbeitsmarktpolitik? die gesellschaftspolitischen Zielstellungen eines solchen Sektors dar, der weit mehr meint als nur Beschäftigung mit öffentlichen Geldern zu organisieren.2
Überwiegend aus der Arbeit in den neuen Bundesländern resultieren die Erfahrungen, auf deren Grundlage der Geschäftsführer der tamen GmbH3 , Erwin Meyer-Wölfing in Arbeitsförderung und Netzwerke für Entwicklung seine praxisorientierten Vorschläge unterbreitet. Er benennt Kennzeichen und Funktionsprinzipien erfolgreicher Netzwerke, wobei er betont, dass die Methodik der Arbeit in Netzwerken noch in den Anfängen steckt.

Ein praktisches Modell regionaler Ökonomie entwickelte der Wohnbund in seiner Studie Die Quartiersgenossenschaft – Konzept zur dauerhaften Sicherung bedrohter Wohnungsbestände und zur bewohnergetragenen Quartiersentwicklung am Beispiel der Stadt Leipzig. In der hier vorgestellten Kurzfassung wird dargelegt, dass eine solche Genossenschaft neben dem Erwerb und der Sanierung von Wohngebäuden zum Beispiel auch in der Gestaltung des Wohnumfelds aktiv sein sollte.

Während die Solidarwirtschaft in Deutschland im europäischen Vergleich betrachtet eher recht unentwickelt erscheint, stellt sie z.B. in Frankreich längst einen eigenen Sektor der Wirtschaft dar. Jean-Loup Motchane, Professor an der Universität Paris VII, beschreibt in Die Solidarwirtschaft gibt sich noch verschämt die historische Entwicklung der Gemeinwirtschaft und ihr Verhältnis zur in den 80er Jahren neu entstandenen Solidarwirtschaft. Er benennt fördernde und hemmende Rahmenbedingungen sowohl in Frankreich als auch seitens der EU und stellt die Frage nach der politischen Verortung der Solidarwirtschaft.

Anmerkungen
1    Laut Armutsbericht der Bundesregierung, der im April 2001 veröffentlicht wurde.
2    Auf die praktischen Erfahrungen mit dem ÖBS-Konzept in Mecklenburg-Vorpommern werden wir im nächsten Jahrbuch eingehen.
3    tamen ist ein kleines Unternehmen für Projektentwicklung und projektgebundene Qualifizierung mit Sitz in Berlin.

Zum Thema regionale Ökonomie verweisen wir darüber hinaus auf dem Beitrag Vergangenheit, Gegenwart und Perspektiven der Gemeinwirtschaft von Heinz Bierbaum im Kapitel „Alternative Ökonomie“.

 

Email: Elisabeth Voß
Elisabeth Voß ist Mitherausgeberin dieses Jahrbuchs, seit vielen Jahren aktiv im TAK AÖ und anderen alternativökonomischen Zusammenhängen, Veröffentlichungen u.a. in Contraste - Monatszeitung für Selbstorganisation und im Kommunebuch (Verlag Die Werkstatt 1996).

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