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Elisabeth Voß

Einleitung: Nachhaltiges Wirtschaften mit und ohne Geld

Nach den Einbrüchen am Neuen Markt macht sich Unsicherheit unter den AnlegerInnen breit. Neben denen, die an der Börse den Kick des Abenteurs suchen, gibt es eine Reihe von Menschen, die längerfristige Geldanlagen mit unspektakulären, aber dafür sichereren Erträgen bevorzugen. Und immer mehr AktienbesitzerInnen sind interessiert daran, was mit ihrem Geld eigentlich in der realen Welt geschieht. An diesen Personenkreis wendet sich der wachsende Markt der ethischen und/oder ökologischen Geldanlagen.

Im Beitrag Grüne Rente soll gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit stützen – Erfolgreiche Etablierung einer Nachhaltigkeitsberichtspflicht für Kapitalanlagen in der Privaten Altersvorsorge beschreiben Klaus Milke und Christoph Bals von der Stiftung Zukunftsfähigkeit die aktuellen Entwicklungen. So soll eine gesetzlich verankerte Pflicht der Fondsanbieter zur Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitsstandards den AnlegerInnen ermöglichen, auch unter diesem Aspekt die Anlageentscheidungen für ihre private Altersvorsorge zu treffen.

Wie funktioniert eigentlich eine Börse, was bedeutet der oft benutzte Begriff des „Shareholder Value“? Athos Staub, Berater der Alternativen Bank Schweiz (ABS) stellt die Funktionsprinzipien der Börse und die damit einhergehenden Probleme dar, insbesondere unter Nachhaltigkeitsaspekten, und lotet in Eine grüne Börse im Zeitalter des Shareholder Value die Bedingungen und Möglichkeiten eines solchen neuartigen Finanzplatzes aus.
Eine aus der Perspektive der Alternativen Ökonomie wichtige Bank in Deutschland war (und ist?) die Ökobank, die im vergangenen Jahr in heftige Turbulenzen geraten ist. Wie es dazu kommen konnte, beschreibt Waldemar Schindowski in Eine Generation Ökobank – war das alles?

Desweiteren haben wir die holländische Triodos-Bank um eine Selbstdarstellung gebeten. Alexander Schwedeler beschreibt Grundlagen der Tätigkeiten der Triodos-Bank1 . Diese anthroposophisch orientierte Bank plant noch im Jahr 2001 ihren Eintritt in den deutschen Markt mit einer Risikokapitalbeteiligungsgesellschaft. In den Diskussionen der letzten Jahre um alternative Ökonomie wurde das Fehlen eines solchen Fonds in Deutschland immer wieder als ein Problem, gerade für die Neugründung von Betrieben, benannt.

Gesamtgesellschaftlich lassen sich derzeit zwei Trends beobachten. Während finanzielle Transaktionen an den Börsen vom Volumen her längst die reale Wirtschaft des Kaufens und Verkaufens von Produkten und Dienstleistungen übersteigen, spielt Geld als solches im Alltag eine zunehmend geringere Rolle. Immer mehr EndverbraucherInnen zahlen nicht mehr bar, sondern mit EC- oder Kredit-Karten, neuerdings auch mit der Geld-Card. Natürlich ist dieses „Geld-spielt-keine-Rolle-Gefühl“ für viele riskant, und die Macht des Geldes im Hintergrund vielleicht um so größer. Aber es wird damit auch vorstellbarer, daß es eine Welt geben könnte, in der es kein Geld mehr gibt, in der das Geben und Nehmen um seiner selbst willen organisiert wird, und in der vielleicht eines Tages die Menschen ihre Arbeit tun, weil sie dies wirklich wollen und für notwendig erachten. Eine Grundsicherung2 könnte ein Schritt in eine solche Richtung sein.

In Tauschringen wird dies schon heute umgesetzt, immerhin für Teilbereiche des Lebens sind hier geldfreie Wirtschaftsräume entstanden. Sie ermöglichen auch Menschen mit wenig Geld das Inanspruchnehmen von Dienstleistungen, die sie sich sonst nicht leisten könnten, und schaffen persönliche, nachbarschaftliche Kontakte. Die Tauschring-Aktivistin Regine Deschle beschreibt in Tauschringe – eine wachsende Nische die aktuellen Entwicklungen der bundesweiten Tauschring-Szene.

Während in den Tauschringen das Prinzip des Äquivalenttauschs regiert – in dem Umfang, in dem ich Leistungen in Anspruch nehme, muß ich selbst auch irgendwann Leistungen erbringen – ist dies bei freier Software auch abgeschafft. Stefan Merten, Begründer des Oekonux-Projekts, schildert in Nehmen statt Kaufen die Entstehung von Linux, einer Software mit Unverkäuflichkeits-Lizenz, die in unbezahlter Arbeit von Tausenden ProgrammiererInnen weltweit entwickelt wurde und ständig weiterentwickelt wird, und frei verfügbar ist. Darüber hinaus gibt er einen Überblick über weitere geld- und tauschfreie Projekte und stellt sie in den Zusammenhang der Utopie einer Gesellschaft ohne Geld.

Anmerkungen
1    Mehr zu Triodos findet sich im Beitrag „Anderer Umgang mit Geld“ von Nils Buis und Jaap van Leeuwen in unserem Europa-Schwerpunkt Niederlande
2    Siehe dazu Hinrich Garms: „Alternative Ökonomie und Existenzgeld“ im Kapitel „Soziales“

 

Email: Elisabeth Voß
Elisabeth Voß ist Mitherausgeberin dieses Jahrbuchs, seit vielen Jahren aktiv im TAK AÖ und anderen alternativökonomischen Zusammenhängen, Veröffentlichungen u.a. in Contraste - Monatszeitung für Selbstorganisation und im Kommunebuch (Verlag Die Werkstatt 1996).

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