xxx Grüne Rente soll gesellschaftliche
Zukunftsfähigkeit stützen Die Diskussion um die Einführung einer
staatlich geförderten Privaten Altersvorsorge war in den vergangenen Monaten sehr
kontrovers inzwischen ist sie nach dem Passieren des Bundesrates ein Faktum und
wird am 1.1.2002 in Kraft treten. Einführung einer Berichtspflicht Das Gesetzgebungsverfahren zur Rentenreform war schon im Gange, als sich ein Netz von Politikern, Akteuren aus der Zivilgesellschaft und Anbietern von ethisch-ökologischen Geldanlagen daran machte, die Notwendigkeit einer Nachhaltigkeitsberichtspflicht in Deutschland einzufordern. Im Bundestags-Beschluss zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapital-gedeckten Altersvorsorgevermögens1 heisst es nun aufgrund des energischen Einsatzes dieser Weitsichtigen: der Anbieter muss auch darüber schriftlich informieren, ob und wie er ethische, soziale und ökologische Belange bei der Verwendung der eingezahlten Beiträge berücksichtigt.2 Damit soll gewährleistet werden, dass der Einzelne zumindest die Chance hat, sein Geld in Fonds zu geben, die nicht schon morgen im Sinne des Shareholder-Values seinen eigenen Job wegrationalisieren oder die Umwelt zerstören. Hintergründe und Motive Die allmählich in Gang gekommene Nachhaltigkeitsdebatte in Deutschland sollte also möglichst alle Bereiche, vor allem auch die der sogenannten harten Themen des gesellschaftlichen Lebens, erreichen und durchdringen. Nur dann kann man die Gesamtpolitik in eine zukunftsfähige Richtung führen. Die Debatte um die Rentenreform war wie gesagt überaus kontrovers. Vor allem die Einführung einer staatlich geförderten Privaten Altersvorsorge erhitzte die Gemüter. Die absolute Orientierung am Shareholder-Value hält somit nun auch bei der Rente Einzug, wurde vielerorts befürchtet. Wenn es also eine neue Säule der Privaten Altersvorsorge geben sollte, dann wäre es ein unverzeihliches Versäumnis, nicht alles dafür getan zu haben, diese die Kapitalmärkte neu stimulierende Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit zu drängen. Insgesamt hat ja unter dem Stichwort Globalisierung ohnehin die Suche nach neuen Steuerungsmechanismen begonnen, wie die Finanzströme von Pensionsfonds, Lebensversicherungen u.ä. tendenziell für und nicht gegen Zukuftsfähigkeit wirken können. Besonders gefragt sind Wege der Rahmensteuerung, die den Marktmechanismus nicht beeinträchtigen, aber ihm Richtung geben; Wege, die den gesellschaftlichen Zielen dienen und zugleich die private Initiative und Autonomie fördern. Wenn im Kontext der Globalisierung auch einige alte Steuerungsinstrumente an Gewicht verlieren, so entstehen doch auch neue Chancen der Gestaltung von Globalisierung. Pensionsfonds, deren Kunden einen Zeithorizont von 20-50 Jahren haben, müssen auch aus Rendite- und Sicherheitsaspekten keineswegs als Agenten der Kurzfristigkeit auftreten. Umwelt- und sozialverträgliches Handeln der Unternehmen muss nicht nur durch gesetzliche Auflagen, sondern kann auch durch geeignete Rahmenbedingungen des Kapitalmarktes wichtige Impulse erhalten. Warum nicht das Know How der Unternehmensresearcher zusätzlich als Instrument zur Durchsetzung von Nachhaltigkeitszielen nutzen? Warum sollen neben dem Shareholder nicht auch andere Betroffene (Stakeholder) von Investitionen profitieren? Nachhaltigkeit und Kapitalanlagen Eine neue Qualität hat die Debatte insbesondere dadurch gewonnen, dass die Erkenntnis sich durchsetzt, dass nachhaltiges Investment keine schlechtere Performance aufweist als traditionelles. Als Stichwort für die neue Entwicklung sei hier nur der Dow Jones Sustainability Index genannt. Weniger bekannte Fonds mit schärferen Kriterien weisen in dieselbe positive Richtung. In neuerer Zeit hat nun eine starke Suchbewegung begonnen, um die Vermutung zu stützen, dass dieser Zusammenhang neben ökologischen auch für soziale Kriterien gezeigt werden kann, dass diese zumindest aber nicht zu einer schlechteren Performance führen müssen. Dafür spricht etwa die Entwicklung des Domini 400 Social Index, der neben ökologischen auch soziale und politische Kriterien berücksichtigt. Er schnitt in der Regel besser ab, als Standard & Poors 500. Auch der Natur Aktien Index (NAI), der auch soziale Kriterien stark gewichtet, hat eine gute Performance. Allerdings stehen bei den Kriterien meist einige Schwerpunktthemen wie Kinderarbeit oder Menschenrechte im Zentrum. Für viele andere sozialen Themen scheint bislang die Rückkopplung der externen sozialen Kosten durch die öffentliche Meinung hin zu den verursachenden Unternehmen weniger stark ausgeprägt als im Umweltbereich. Insgesamt aber fehlt es noch an systematischen Untersuchungen zwischen sozialer und ökonomischer Performance. Zunächst sollte es so waren sich die Initiatoren der Berichtspflicht einig keine besonderen finanziellen Anreize für Anlagen in ethisch-ökologische Produkte geben selbst wenn ein Finanzdienstleistungsprodukt in hohem Maße Nachhaltigkeitskriterien entspricht. Vieles spricht dafür, dass ein solcher Anreiz nicht notwendig ist, da zukunftsfähige Unternehmen eben durchaus keine schlechtere Rendite abwerfen müssen. Dies hat das Jahr 2000 in besonderer Weise gezeigt. Erfahrungen aus Großbritannien Am 3. Juli 2000 ist dort eine im letzten Jahr beschlossene Erweiterung des 1995 verabschiedeten Pensions Aktes in Kraft getreten. Seitdem müssen alle occupational pension funds die municipal pension funds werden bald folgen jährlich veröffentlichen:
Allein dieser sanfte Druck hat in großem
Umfang folgende Fragestellung in Großbritannien zum Thema gemacht: Welche Möglichkeiten
der Geldanlage gibt es, die ohne Abstriche an Rendite und Sicherheit ethische Belange
berücksichtigen können? Kontext der Entwicklungen Erfreulich ist, dass nunmehr ohne zusätzliche Kosten die privaten Finanzströme zunehmend auch zukunftsfähige Investitionen fördern können. Da nachhaltige Unternehmen in der Regel auch besonders innovativ sind bzw. in innovativen Bereichen tätig sind, besteht die Möglichkeit, das Ziel der Innovationsförderung auf indirektem Weg zu erreichen. Wenn der Staat verstärkt auf die Eigenverantwortung der BürgerInnen und KonsumentInnen setzt, dann sollte er auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ihrer Konsumentensouveränität gerecht werden können. Anlegerschutz erfordert nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern auch Transparenz, ob und wenn ja inwieweit die Finanzintermediäre bei ihren Kapitalanlagen gegen die Interessen der Kunden verstoßen. Viele Anleger sind sich bewusst, mit ihrer Investitionsentscheidung die jeweils spezifische Unternehmenspolitik mitzutragen. Sie möchten durchaus ökologische, soziale und ethische Kriterien berücksichtigen, können dies aber mangels Information nicht. Bisher kam es zu Marktversagen, da seitens der Anbieter wegen Kosten und Interessenskonflikten kein Interesse besteht, Transparenz zu schaffen. Die Berichtspflicht ergänzt hervorragend die von der OECD kürzlich in Kraft gesetzten Leitsätze für multinationale Unternehmen. Diese fordern ausgehend vom Ziel der nachhaltigen Entwicklung die weitgehende Offenlegung von Informationen. Die Vorteile einer reinen
Berichtspflicht Es ist ein stetiger Wandel in Richtung
Nachhaltigkeit zu erwarten. Denn die meisten der Fonds usw. werden wohl vor allem nach der
Best-In-Class-Analyse-Methode vorgehen (d.h. sie wählen in den sie aus finanztechnischer
Sicht ohnehin interessierenden Sektoren die ökologischen, sozialen und ethischen Spitzen-
und Vorreiter aus.) Da Vorreiter ein relativer Begriff ist, wird ein Innovationswettbewerb
zwischen Unternehmen initiiert, zu dieser Gruppe zu gehören. Auch für die Fonds- bzw.
Versicherungsanbieter bestehen neue Profilierungschancen. Es werden somit Anreize für den
gewünschten nationalen und internationalen Strukturwandel in Richtung auf mehr
Nachhaltigkeit gesetzt. Begriffe und Standards Doch sobald es eine Berichtspflicht über Nachhaltigkeit geben wird, werden Rating-Firmen und Verbraucherverbände über Vergleiche für mehr Transparenz sorgen. Fonds, die unter dem Label Nachhaltigkeit in Unternehmen investieren, die an Umweltfrevel und sozialen Missständen beteiligt sind, werden schnell in die öffentliche Kritik geraten und beim Rating entsprechend schlecht wegkommen. Ein Unternehmen, das berichtet, es tue gar nichts im Bereich Nachhaltigkeit wird von den Verbraucherinnen und von den Fondsmanagern zukünftig tendenziell eher gemieden. Es setzt ein spannender Such- und Positionierungsprozess ein, der somit andere Ziele hat, als nur die höchste Rendite für den Shareholder. Die Stiftung Zukunftsfähigkeit, die die Nachhaltigkeitsberichtspflicht in Anlehnung an das bereits existierende britische Beispiel für die Private Altersvorsorge vorgeschlagen hatte, wird zusammen mit dem Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen und Verbraucherverbänden einen eigenen Klärungsprozess starten. Laut einer Umfrage halten 86,8 Prozent der Bundesbürger es für wichtig oder sehr wichtig, wenn die Altersvorsorgeunternehmen bekannt geben müssen, was sie aus Umweltsicht mit den eingezahlten Geldern machen (repräsentative Meinungsumfrage von EMNID im Auftrag des Bundesumweltministeriums vom Dezember 2000). Es gilt unter Berücksichtigung des Stands der Forschung und der Erfahrungen der Unternehmen auch im Ausland die bislang zum Teil noch unklare Begrifflichkeit zu schärfen: was sind ethische, soziale, ökologische Kriterien der Zukunftsfähigkeit? Hierbei kann auf vielfältige aktuelle internationale Entwicklungen (etwa die Global Reporting Initiative, SA 8000, OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen usw.) zurückgegriffen werden. Eine Täuschung wird sich für die Anbieter kaum lohnen, da Rating-Firmen, Verbraucherverbände und die Stiftung Warentest die Berichte auswerten und raten werden. Missbrauch und Falschinformation wird sich
nicht verheimlichen lassen. Genau dies ist ja auch der Sinn dieser Transparenzvorschrift. Was die Füllung der Begriffe angeht: Der Markt, der Wettbewerb zwischen den Anbietern und die sensibilisierte Öffentlichkeit werden bei Anwendung der Berichtspflicht zu einer größeren Klarheit der Begriffe ethisch, ökologisch und sozial führen. Dies erscheint sehr viel sinnvoller, als wenn der Gesetzgeber die Definitionen in diesem Stadium vorgibt. Wettbewerb und Vergleichbarkeit erfordern sicherlich standardisierte Kriterien, anhand derer verglichen wird. An dem vor uns liegenden Klärungsprozess sollten neben Regierung und Parlament, auch betroffene Unternehmen, Institute, Verbraucherverbände und relevante NGOs beteiligt werden. Die gewünschten klareren Kriterien sollten dann in etwa zwei bis drei Jahren standardisiert sein am besten auch auf europäischer Ebene. Perspektiven Anmerkungen Im "Jahrbuch Ökologie 2002" Hrsg. Günter Altner, Barabara Mettler-von Meibom, Udo E. Simonis und Ernst U. von Weizsäcker(Verlag C.H. Beck) wird der Basisartikel unter dem Titel "Persönliche Zukunftsvorsorge und gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit" erscheinen.
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Email:
Klaus Milkei |
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WEITERFÜHRENDE
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