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Waldemar Schindowski

Eine Generation Ökobank - war das alles?

Die KundInnen und Mitglieder der Genossenschaft Ökobank wurden im März 2000 von der Nachricht überrascht, dass sich die Bank in einer finanziellen Schieflage befinde und sich gezwungen sah, den Sicherungsfonds der Deutschen Genossenschaftsbanken in Anspruch zu nehmen. Der Sicherungsfonds der Genossenschaftsbanken hat die Funktion, bei existenziellen Schwierigkeiten die Sicherung der Kontoeinlagen zu garantieren. Natürlich hat dies dann eine Reihe von Konsequenzen für die betroffene Bank, sie ist in ihren Entscheidungen nicht mehr frei.

Was war geschehen und wie konnte es zu dieser Situation kommen? Nicht allein, dass die Ökobank in Turbulenzen geraten war, ist betrüblich, sondern auch, dass damit ein Teil selbstorganisierter Infrastruktur zur Disposition steht. Aufgrund ihrer Geschichte und Funktion ist mit ihr die politische Idee einer Generation verknüpft, sie ist eine der überregionalen Projektgründungen der achtziger Jahre mit dem Ziel, Finanzierungsinstrument für ökologische und soziale Projekte, Unternehmen und Initiativen zu entwickeln und zu sein. Ist also damit auch der Traum geplatzt, ist es doch nicht möglich in einem Haifischbecken wie der Bankenwelt andere Akzente zu setzen? Ist mit der misslichen Lage der Ökobank der Traum einer ethisch-ökologischen genossenschaftlichen Bank zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen ausgeträumt? Welche Strukturen und Bedingungen waren es, welche die Bank in die Fallen der nicht Funktionsfähigkeit laufen ließen?

Kurzer Rückblick in die Geschichte der Ökobank
Anfang der 80er Jahre entstand die Idee, ein Bankinstitut als „Bank der Bewegung“ zu gründen. Engagierte Menschen aus der Friedensbewegung, der Anti-AKW-Bewegung, der Selbstverwaltungswirtschaft und aus Dritte-Welt-Initiativen waren die Gründungsmitglieder, deren Intension 1988 als eingetragene Genossenschaft Ökobank in Frankfurt Realität wurde. Ein Genossenschaftsmitglied formulierte es anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Bank so: „Das Projekt Ökobank entstand aufgrund des Traums vom grünen Geld. Es war die Zeit der Ökobewegung und es lag in der Luft, Geld grün anlegen zu wollen, um damit Grünes zu fördern. Für mich war die Ökobank die Alternative zu den Banken. Geld sollte nicht denen zur Verfügung gestellt werden, die alles kaputt machen. Wir brauchten also eine grüne Geldanlage. Das war das Projekt.“ 1 Ein anderer Aktivist über die teilweise Euphorie der Gründungsphase: „Ich glaube es gab in den Menschen, die an dieser Gründung beteiligt waren, Tausende von Träume und die haben Energie freigesetzt. Im Grunde ist die Gründung nur gelungen, weil Menschen mit Leidenschaft beteiligt waren. Natürlich gab es dabei auch enttäuschte Leidenschaften, aber nur mit Leidenschaft ist letztendlich eine Vision zu entwickeln.“ 2

Entwicklung der Ökobank
Mit dieser Gründungsidee entwickelte sich die Bank in den nächsten Jahren weiter, jährliche Sprünge in der Bilanzsumme wurden die Regel. Neben den ursprünglichen Gedanken, Kapital für selbstverwaltete Betriebe, Frauenprojekte, Dritte-Welt-Initiativen und andere zur Verfügung zu stellen, trat immer mehr das Bestreben in den Vordergrund, Finanzierungsdienstleister für Unternehmen mit ökologischem Anspruch schwerpunktmäßig im Bau- und Energiebereich zu sein. Die Ursache dafür liegt einerseits im Niedergang der selbstverwalteten Initiativen, aber auch darin begründet, dass obwohl Fördertöpfe für diese Initiativen in der Ökobank bereitstanden, sie aufgrund der allgemein niedrigen Zinsen für selbstverwaltete Betriebe wenig attraktiv waren, um sich der Tortour einer Ökobank-Prüfung zu unterziehen. Die InitiatorInnen gingen bei Betriebsgründungen Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre auch professioneller vor, es setzte sich immer mehr durch, dass Kredite so eingesetzt wurden, dass sie wieder zurückbezahlt werden konnten bei gleichzeitigem betriebswirtschaftlichem Gewinn für den Betrieb. Also, warum nicht gleich zur eigenen örtlichen Hausbank gehen?

Zur gleichen Zeit trat ein „neuer“ Typus von UnternehmerInnen auf, die etwa die Organisationsform eines Kollektivbetriebes nicht mehr anstrebten, denen es viel mehr um das ökologisch sinnvolle Produkt ging. Bei der Vermarktung von Naturkost, im Bereich der regenerativen Energien und des ökologischen Bauens stand und steht dies im Mittelpunkt. Gerade in diesen drei Branchen wuchsen die Umsatzzahlen rasch, bei den regenerativen Energien und dem ökologischen Bauen kommt hinzu, dass die Aktivitäten auf Stadt-, Landes-, Bundes- und EU-Ebene mannigfaltig gefördert wurden. Daneben trafen diese UnternehmerInnen auch auf eine neue Generation von ErbInnen, die auf der Suche war, ihr Kapital renditefreudig und ökologisch – manchmal auch sozial – sinnvoll anzulegen. Entsprechende Ratgeber, Sonderseiten in Zeitschriften, eine nicht mehr zu zählende Zahl von Dienstleistern propagierte dies und fachte diesen neuen Markt immer wieder an. Es war und ist auch verführerisch, wenn die kleine Erbschaft der Oma in Windenerige angelegt werden kann, und man sich damit an der Produktion „sauberen“ Stroms beteiligt und außerdem noch einen Kapitalertrag erwirtschaftet, der sich aufgrund von Steuerersparnissen mit anderen Anlagemöglichkeiten messen kann, wenn nicht sogar diesen übertrifft. Folge war auch, dass immer mehr ökologisch ausgerichtete Unternehmen mit den Gedanken spielten, an die Börse zu gehen und dies auch teilweise umsetzten. Hier trafen sie dann allerdings auf eine Szene, wo die Renditeerwartungen der AnlegerInnen, angeheizt durch die Strohfeuer der „new economy“ der letzten Jahre, mit dem Begriff „Gier“ gekennzeichnet werden kann. Eine Verbindung von überproportionalem Ertrag und ökologischem Produkt stellt aber oft eine Quadratur des Kreises dar.

Struktur und Bedingungen der Ökobank
Das Konzept der Ökobank ist das einer Universalbank. Dies bedeutet, dass sie alle Dienstleistungen wie jede normale andere Bank anbietet: das normale Geschäftskonto oder Privatkundenkonto ebenso wie alle Bankprodukte die mensch glaubt, brauchen zu müssen. Materieller Ausdruck davon ist die Ökobank-Scheckkarte, womit an allen genossenschaftlichen Bankautomaten kostenlos Geld gezogen werden kann. Im Laufe der Zeit konnte die Bank über 35.000 KundInnen gewinnen, die Ökobank-Genossenschaft selbst hat über 24.000 Mitglieder. Diese Zahl erscheint erst einmal hoch. Diese KundInnen erwarteten aber auch den üblichen Service, und den hat die Ökobank oft eher schlecht als recht erfüllen können. Es fehlte ein Filialnetz (außer im Frankfurt und Freiburg), KundInnen klagten des Öfteren über die Betreuung. Die Anforderungen überlasteten die vorhandene Struktur der Ökobank. Einerseits war sie zu groß angelegt, um sich konzentriert regionale Strukturen aufzubauen, und für umfassende Betreuung deutschlandweit war sie nicht groß genug. Daher kam die Bank bei vielen KundInnen nicht über den Status der Zweitbank hinaus. Dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Oliver Förster war diese Problematik auch bewusst: „Ein wesentlicher Mangel liegt in der Qualitätssicherung im Mengengeschäft der Bank.“ Weiter führt er auf einer Strategiewerkstatt 1998 aus: „KundInnen, die sich telefonisch an die Bank wenden, messen die Professionalität der Bank an ihrer Erreichbarkeit, daran, wie sie angesprochen werden und auch an der Reaktionszeit, in der die Bank ihre Geschäfte erledigt. Im elektronischen Vertriebs- und Kontaktweg spielt die Anwenderfreundlichkeit und ebenfalls die Reaktionszeit eine zentrale Rolle. Wenn z.B. eine E-Mail an die Geschäftsleitung drei Tage später per Brief beantwortet wird, dann ist dies nicht das adäquate Mittel und auch nicht die angemessene Reaktionszeit.“3 Meist war nicht das Engagement der 80 MitarbeiterInnen dabei das Problem, sondern die Gefangenschaft einerseits als Universalbank agieren zu wollen und andererseits aufgrund der geringen Größe des Geldinstituts, dies nicht zu können – im besten Jahr 1998 war die Bilanzsumme 380 Millionen DM. Damit kann eine überregionale Bank nicht die üblichen Standards erfüllen. Ein kurzer Vergleich unterstreicht dies: Die örtliche Raiffeisenbank des Autors erwirtschaftet mit etwa zehn MitarbeiterInnen in zwei kleinen Dörfern dieselbe Bilanzsumme. Beim Personalbestand der Ökobank wäre auch eine Verdreifachung der Bilanzsumme möglich. Eine derartige Steigerung wurde jedoch nie erreicht.

Der Anspruch, gerade auch für kleinere ökologisch orientierte Unternehmen und Initiativen da zu sein, konnte immer weniger eingelöst werden. Das Handling etwa eines Kreditantrags ist so aufwendig, dass es sich bei niedrigen Summen für die Bank kaum noch lohnt. Die Bearbeitung eines Kreditantrages hat erst einmal Kosten zur Folge, vor allem Personalkosten. Wer branchenübliche Gehälter bezahlen muss, kann in dieser Struktur kleine Kreditnehmer eigentlich nicht bedienen. „Wenn ein Bioladen 80.000 DM als Kredit braucht, dann bekommt er sie, wenn er aber nur 10.000 DM braucht und außerhalb von Frankfurt oder Freiburg angesiedelt ist, dann bekommt er sie nicht. Die Tendenz ist, dass Kredite außerhalb dieser beiden Standorte erst ab 50.000 DM vergeben werden, die Kosten seien zu hoch, um die Kredite betriebswirtschaftlich sinnvoll abwickeln zu können. Wenn wir natürlich immer mehr MillionärInnen einsammeln und immer mehr große Projekte unterstützen, fallen kleine einfach hinaus.“4

Die vergangenen Jahre waren davon gekennzeichnet, dass über die Töchter der Bank wirtschaftliche Erfolge erzielt wurden. Die Ökofinanz Frankfurt GmbH startete erfolgreich mit der Entwicklung und Vermarktung von Windparkfonds, die ÖkoVions Lux S.A. hat als ökologischer Aktienfonds einen gute Ruf, der für die AnlegerInnen auch noch eine überdurchschnittliche Rendite erbrachte, so lag sie 1997 bei 21,4 Prozent.

„Kleiner“ Crash und die Folgen
Eigentlich hätte es wirtschaftlich so weiter gehen können. Die Ökobank trat jetzt als Unternehmensgruppe Ö&Co in der Öffentlichkeit auf, 1998 konnte ein Wachstum von über 16 Prozent und die Zunahme des Kreditgeschäfts um 30 Prozent verzeichnet werden, das Entwicklungspotential der Unternehmensgruppe erschien fast grenzenlos. Dabei wurde, wie man im Nachhinein weiß, die Risikotragfähigkeit der Bank überschätzt und der Niedergang der Bank begann. „Die Fehleinschätzung über die Risikotragfähigkeit der Ökobank entsprang aber auch grundsätzlichen Managementfehlern, die typischerweise bei – zunächst erfolgreichen – expandierenden Unternehmen auftreten können. Ein externer Berater und Sanierungsexperte diagnostizierte in Zusammenarbeit mit der ökobankeigenen Unternehmensberatung Ökonsult zwei wesentliche Ursachen für die Situation: „Die Ökobank befand sich an einer Wachstumsschwelle, die eine immense strategische Bedeutung für ein Unternehmen hat. Die strukturellen Schwachstellen an dieser Wachstumsschwelle sind: die Produktivität der Verwaltung (Kosten); die Führung (Qualität, Produktivität) und das interne Kontrollsystem (Qualität, Sicherheit). Erschwerend wirke sich aus, dass die Ökobank vor einigen Jahren sehr schnell auch eine weitere Wachstumsschwelle überschritten hatte und diesem Sachverhalt keine ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt hat. Das schnelle Wachstum und der materielle Erfolg in den letzten drei, vier Jahren haben den Blick auf Problemstellungen – vor allem im Bereich Führung und Kontrolle – versperrt, die die aktuelle Krise mitverursacht haben. Als Wachstumsschwellen gelten – neben anderen Größeren – die Verdoppelung des Bilanzvolumens und/oder der MitarbeiterInnen und/oder der Produkte. Jede Wachstumsschwelle erfordert interne Reorganisationsmaßnahmen. Arbeitsabläufe werden arbeitteiliger, Schnittstellen entstehen, der Kontrollaufwand steigt, das Unternehmen wird immer komplexer.“ 5

Auslöser der aktuellen Krise der Ökobank waren drei „Großkredite“, deren Rückzahlung ausblieb und die – wie es im banken-deutsch so schön heißt – einen Wertberichtungsbedarf von 12 Millionen DM erforderten. Durch die folgenden internen und externen Prüfungen wurde 1999 offenbar, dass auch bei andere Engagements Wertberichtigungen gebildet werden mussten. Hinzu kam, dass die erfolgreich aufgelegten Windkraftfonds in der zweiten Hälfe des Jahres 1999 ins Stottern kamen. Ausgerechnet mit einer rot-grünen Bundesregierung wurde aufgrund der Änderungen in der Steuergesetzgebung und der schleppenden Neuregelung des Stromeinspeisegesetzes statt vier nur ein Windkraftfonds von der Ökobank-Tochter Ökofinanz realisiert. Statt dem geplanten Gewinn hatte die Ökobank damit einen zusätzlichen Verlust von 2 bis 2,5 Millionen DM.

Nun ist man in Nachhinein immer schlauer. Wenn die „Großkredite“ nicht geplatzt wären und die Windkraft-Förderung seitens der Bundesregierung nicht so schleppend gewesen wäre, dann würde das Desaster so nicht bestehen. Offensichtliche Ursache der Schwierigkeiten ist nicht, dass Kredite abgeschrieben werden müssen, sondern die Kapitalschwäche der Ökobank, die noch nicht einmal einen Verlust von etwa 12 Millionen DM verkraften konnte. Wir reden hier nicht über ein privates Girokonto, sondern über Finanzvolumen einer Bank! Die einseitige Monokultur bei den Windkraftfonds hat dazu beigetragen, dass die Bank in eine enorme Abhängigkeit von Steuersubventionen der Bundesregierung kam.

Neben den MitarbeiterInnen war das ehrenamtliche Engagement vieler Genossenschaftsmitglieder eine der Säulen des jahrelangen Erfolgs der Bank. Die Form der Genossenschaft auf nationaler Ebene hat zwar auch viele Ressourcen der Bank gebunden, war aber auch ein entscheidender Faktor, um die Ökobank in den ersten Jahren zu ermöglichen. Die vielfältige ehrenamtliche Arbeit von Regionalgruppen, über Beiräte und nicht zuletzt des Aufsichtsrats ist aber bei einem solch komplizierten Gewerbe wie einer Bank auch extrem anfällig. Die Kontrolle des Aufsichtsrat über den Vorstand einer Bank kann schon strukturell nur ungenügend erfolgen. Wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Aufwandsentschädigung des Aufsichtratsvorsitzenden bei 1.500 DM liegt, dann lässt sich schon erahnen, wie hoch die zeitlichen Kapazitäten sind und damit wie intensiv die Kontrollfunktionen erfüllt werden können. Dieses strukturelle Problem mangelnder Aufsichtsmöglichkeiten der dafür vorgesehenen Organe besteht auch bei normalen Genossenschaftsbanken. Hier werden Probleme aber in der Regel im Stillen gelöst, indem eine in Schwierigkeiten geratene örtliche Genossenschaftsbank mit der Bank aus der Nachbarschaft zusammengelegt wird und auch alle am Niedergang beteiligten örtlichen Honoratioren einen Mantel des Schweigens über die Angelegenheit legen.

Nachdem die Ökobank im Jahr 2000 gezwungen war, die „Hilfe“ der Sicherheitseinrichtung des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) in Anspruch zu nehmen, wurden den Akteuren in der Bank die Handlungsmöglichkeiten aus den Händen genommen. Die Mitgliedschaft der Ökobank in der Sicherungseinrichtung gewährleistet zwar die Sicherung der Kontobestände der KundInnen, erlaubt aber auch die direkte Einflussnahme des Verbandes auf die Geschäftspolitik in diesen Krisenzeiten. Das hatte zur Folge, dass der bisherige Vorstand gehen musste und neue Vorstandsmitglieder von außen das Ruder der Bank übernahmen.

Diese Situation führte also dazu, dass die Bank vollkommen in die Abhängigkeit einer Institution geriet, die schon die Gründung der Ökobank und die Aufnahme in den Sicherungsfonds nur aufgrund massiven politischen Drucks zuließ.

Bereits bei der VertreterInnen-Versammlung im November 2000 wurde deutlich, dass die beiden neuen Vorstände kein Konzept für die Zukunft der Ökobank vorweisen konnten. Was sind die neuen Geschäftsfelder? Wie soll die angestrebte Umsatzsteigerung bei gleichzeitiger Reduzierung des Personalstandes vonstatten gehen? Wie kann das noch große Umfeld der Ökobank-Genossenschaft motiviert werden? All diese Fragen blieben unbeantwortet und seit Anfang 2001 taumelte die Bank öffentlich sprachlos ihrem Ende entgegen. So entstanden seit den Turbulenzen noch einmal etwa fünf Millionen DM Verlust. Mit dazu beigetragen hat, dass seit eineinhalb Jahren immense Aufräumarbeiten im Kreditgeschäft geleistet werden mussten – Berater gingen in der Ökobank ein und aus. Viele qualifizierten MitarbeiterInnen verließen die Bank und damit war auch die Ressource Mensch für einen Neuanfang der Ökobank begrenzt. Der neue Aufsichtsrat, der im November 2000 antrat, agierte an mehreren Fronten: Ein Vorstand, der nicht seiner war und die anstrengenden Verhandlungen mit der Kreditaufsicht und den Genossenschaftsverbänden machten das Ziel einer Weiterführung der Ökobank eG nicht einfach. Die von der Sicherungseinrichtung eingeleiteten Schritte haben auch nicht wirklich eine weitere Perspektive für die Bank eröffnet. Es wurde kein Konzept verfolgt, welches der Ökobank ein eigenständiges Weiterbestehen ermöglicht hätte. Die Verhandlungen etwa mit der anthroposophisch ausgerichteten GLS-Bank konnten in dem Stadium, in dem sie das erste Mal stattfanden, nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Nach Einschätzung externer Berater wäre die Ökobank in den nächsten Jahren auch nicht in der Lage, ein Plus in der Bilanz zu erwirtschaften. Damit war das Ende der Bank in der bisherigen Form besiegelt, da der beteiligte Sicherungsfonds nicht bereit war, die prognostizierten Verluste weiter zu tragen. Zu guter Letzt drohte auch das Bundesamt für das Kreditwesen Mitte dieses Jahr damit, die Bankerlaubnis zu entziehen, wenn nicht eine schnelle Lösung gefunden wird. Da, wie das Ökobank-Vorstandsmitglied Wolfram Herath erklärte, für die Sanierung alle zur Verfügung stehenden Mittel einzubringen seien, sah sich die Bank im Frühling 2001 gezwungen, ihren profitablen Aktienfonds Ökovision Lux S.A. an die Versiko AG in Düsseldorf zu verkaufen - und damit ihr „Tafelsilber“ zu verschleudern.

Am 30. Juni 2001 beschloss so gezwungenermaßen die VertreterInnen-Versammlung der Ökobank-Genossenschaft die Bank der Bankaktiengesellschaft Hamm (BAG) anzugliedern. Die BAG Hamm ist ein Spezialinstitut des genossenschaftlichen Verbundes. Hauptgesellschafter ist der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Die Übernahme der Bank beinhaltet, eine volle Sicherung der Kontobestände, die Übernahme der noch etwa 50 Beschäftigten, die Fortführung der Bankgeschäfte, sowie eine Sicherung der Genossenschaftsanteile zu zwei Dritteln. Damit müssen die Mitglieder der Genossenschaft Ökobank also ein Drittel ihres Anteil abschreiben. Die Aufgabe der Hammer Bank besteht darin, die insolvente Genossenschaftsbank entweder abzuwickeln oder zu sanieren bzw. wieder in anderer Form an den Markt zu bringen. Die Ökobank ist also vorläufig als eine Filiale der Hammer Abwicklungsbank zu sehen.

Eine Perspektive kann sich für die „neue“ Ökobank ergeben, wenn die bereits angelaufenen Verhandlungen mit einer der drei ernsthaften Interessentinnen zu einem Abschluss kommen. Neben den anthroposophisch ausgerichteten Geldinstituten GLS und TRIODOS hat eine sich noch nicht outen wollende weitere genossenschaftliche Bank Interesse die Ökobank zu übernehmen bzw. weiterzuführen. Besonders wenn sich eine Lösung mit der GLS oder der TRIODOS ergeben würde, wäre insgesamt noch eine Lösung im Sinne von ethischen und ökologischen Finanzierungskonzepten realisierbar. Neben der für viele langjährige MitarbeiterInnen und Genossenschaftsmitglieder in den letzten zwei Jahren schmerzhaften Erfahrung des Scheitern der Idee Ökobank, bleibt die grundsätzliche Frage nach den Möglichkeiten ethischer und ökologischer Finanzierungskonzepte bestehen. Da die Rest-Genossenschaft (Arbeitstitel: Ökoband eG) mit einem Vermögen von noch etwa 10 Millionen DM (Anteile der noch 24.000 Genossenschaftsmitglieder) bestehen bleibt, wird sich auch die Frage stellen: Wie weiter? Geplant ist, die Genossenschaft zu erhalten und die letztlich noch verbleibenden Anteile auch sinnvoll einzusetzen. Wer sich hier mit einmischen will, kann die Diskussion im Internet unter www.forum-oe.de verfolgen und sich weiter engagieren.

Anmerkungen
1    Manfred Krautter in: Dokumentation Strategietagung 1998, S. 26
2    Heribert Sterr-Kölln in: Dokumentation Strategietagung 1998, S. 27
3    Oliver Förster in: Dokumentation Strategiewerkstatt 1998, S, 7
4    N.N. in: Dokumentation Strategietagung 1998, S. 57
5    Jutta Gelbrich in: punkt.um Ausgabe 10/2000

 

Email: Waldemar Schindowskii
Waldemar Schindowski ist Mitherausgeber dieses Jahrbuch, weitere berufliche Aktivitäten: Verlag AG SPAK Bücher, digitales Publizieren und Digitaldruck. Mitarbeit u.a. im TAK AÖ (Theoriearbeitskreis Alternative Ökonomie).

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GLS-Bank : www.gls.de
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