xxx Einleitung Schwerpunkt Europa: Niederlande Im Europa-Kapitel dieses Jahrbuchs möchten wir in jedem Jahr ein anderes europäisches Land vorstellen. Wir beginnen mit den Niederlanden, weil wir persönlich die meisten Kontakte dorthin haben. Die Beiträge hier möchten eine Übersicht bieten über die Alternativen zur neoliberalen Marktökonomie in Holland. Viele Gruppen, Initiativen, Betriebe und Einrichtungen wollen den Begriff andere oder alternative Ökonomie ausfüllen, und alle tun das auf ihre jeweilige Art und Weise. Wir haben uns hier auf die Initiativen konzentriert, die eine gewisse Konsistenz und Solidität besitzen und die mehr anstreben als nur Eigennutz. Dabei interessieren uns vor allem Initiativen, die auf der Suche sind nach Teamwork, und die in ihrer Arbeitsweise, Organisationsform und Zielsetzung auf die Weiterentwicklung ihrer Projekte und auf Vernetzung mit anderen ausgerichtet sind. Dabei sind die Rahmenbedingungen für Nachhaltiges Wirtschaften in den Niederlanden (noch) deutlich andere, bessere als in Deutschland. Zum Beispiel gibt es eine Mindestrente, unabhängig von Beitragszahlungen, so dass die auch in der alternativen Szene hierzulande immer mehr um sich greifende und Spuren hinterlassende Angst vor Altersarmut dort nicht zu spüren ist. Auch Erwerbslose und SozialhilfeempfängerInnen wurden in Holland bislang weitgehend in Ruhe gelassen und mit vergleichsweise großzügiger staatlicher Unterstützung versorgt. Auf diesem Boden konnten viele Projekte mit kontinuierlicher unbezahlter Arbeit entstehen, weil der Erwerbsdruck relativ gering war. Leider ändert sich dies, auch in Holland gibt es nun zunehmend Druck auf nicht Erwerbstätige, an Fortbildungen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen teilzunehmen. Die in den letzten Jahren eingeführten unbefristeten Maßnahmen, mit denen viele Projekte Dauerarbeitsplätze für ihre bislang unbezahlten MitarbeiterInnen schaffen konnten, sind nun leider nicht mehr möglich. Alle hier beschriebenen Initiativen wurden gebeten, an Hand von Fragebögen ihr Verhältnis zu Nachhaltigem Wirtschaften zu beschreiben und darzustellen, welche Prinzipien und Erfahrungen sie haben und welche Grundüberzeugungen dahinter stehen. Wo es möglich war haben wir außerdem versucht, den historischen Kontext zu benennen. Die Autoren Nils Buis und Jaap van Leeuwen sind keine unbeschriebenen Blätter. Nach jahrelanger Aktivität in de Vakgroep einem föderativen Verbund von ungefähr dreißig Betrieben, Projekten mit Ehrenamtlichen und Wohnvereinigungen mit Selbstverwaltung entwerfen sie jetzt das neue Teamwork-Modell der Vereniging Solidair, die sich als Nachfolgerin der Vakgroep an ein breiteres Publikum richten will. Eines der wichtigsten Prinzipien von Solidair ist, dass darin so viele Individuen, Betriebe, Wohnprojekte und andere Initiativen wie möglich zusammengebracht werden sollen, um auch wirklich eine Alternative in die Praxis umzusetzen. In Ökonomisch begründeter Aktionismus Bewegungen gegen die Folgen der freien Marktwirtschaft beschreiben die Autoren die Arbeit der GlobalisierungsgegnerInnen in Holland, insbesondere Attac Nederland. Die AktivistInnen kämpfen gegen eine überhitzte Weltökonomie, in der die Rolle des Geldes stets größer wird und ein Ziel an sich geworden ist, wo Geld vom Tauschmittel zum Ziel und Produkt selbst wird, dass sich selbst reproduziert, so schnell und so viel wie möglich. Soziales Umfeld, Gesundheit und Umwelt sind den ökonomischen Interessen untergeordnet. Im nächsten Beitrag Ideen zu einer anderen Ökonomie geht es um Gruppen, die Theorien entwickeln für andere ökonomische Prinzipien und eine Reorganisation der Weltrangordnung. Es werden die Projekte Aktie Strohalm und Stichting Aarde dargestellt. Um Banken und Investmentgesellschaften, die mit mehr oder weniger sozialen und ökologischen Prinzipien arbeiten, geht es in Anderer Umgang mit Geld. Neben staatlich subventionierten Groenfonds und ambitionierte Banken wie Triodos1 und ASN werden auch die Fondsprojekte XminusY und Mama Cash kritisch beleuchtet. Die Diktatur des Marktes ist eine treffende Metapher für das, was weltweit ökonomisch geschieht. Eine weitere Metapher ist der von Benjamin Barber eingeführte Begriff McWorld2, die den uniformierenden Weltmarkt meint, der das Individuum reduziert auf seine Funktion als KonsumentIn. Die Globalisierung der McWorld ist inspiriert vom Streben nach immer größeren Absatzmärkten und Gewinnmaximierung. Die Welt wird für einen Teil der Menschen ein hollywoodmässiger Vergnügungspark, während sie für einen anderen Teil ein Friedhof ist. In Nachhaltiger Konsum werden Initiativen vorgestellt, die weltweit ehrlichen Handel propagieren und in die Praxis umsetzen. Im Beitrag Die gelebte Alternative zeichnen die Autoren die Geschichte der Selbstverwaltungsbewegung in Holland nach und gehen sehr detailliert ein auf die Emmaus-Bewegung und auf ihr eigenes Projekt VAKgroep/Solidair. Die beschriebenen Gruppen versuchen entgegen dem herrschenden Strom lebensfähige Alternativen in die Praxis umzusetzen. Alle Beiträge des Kapitels Niederlande sowie das Portrait von Paul Dijkstra wurden aus dem Niederländischen ins Deutsche von Marion Wolf übersetzt. Anmerkungen
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Email: Elisabeth Voß |
Nils Buis arbeitet als Grafik-Desginer in seinem Betrieb Om tekst en vorm und im Utrechter Wohnprojekt de bonte kaketoe. Er ist Mitglied des Vereins Solidair. | Jaap van Leeuwen arbeitet im Bereich Beratung nachhaltige Technologien, ADT (Advies duurzame technologie). Er ist Mitglied des Vereins Solidair. | |||||
WEITERFÜHRENDE LINKS: www.solidair.nl | |||||||
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