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Nils Buis / Jaap van Leeuwen

Anderer Umgang mit Geld

Die Rolle des Geldes innerhalb der Ökonomie wird immer wichtiger. Geld – in Form von Kapital, Interessen, Aktien und Optionen – ist selbst ein Produkt geworden, das keinen Bezug mehr zu seiner ursprünglichen Funktion als Tauschmittel hat. Zu den Top 50 der mächtigsten Firmen in Holland gehören neun Banken und Versicherungen, von denen wiederum fünf in den Top 10 stehen. Einige davon breiten sich über Fusionen und Übernahmen weltweit aus.1 Der Handel mit Geld wird also immer wichtiger und damit wächst die Frage, wie man die Rolle des Geldes in den Griff bekommen kann.
Eine ganz konkrete Art, Geld anders einzusetzen, ist die, das Geld Projekten zu geben bzw. zu leihen, die Nachhaltigkeit zu ihrem Prinzip erklärt haben. Man kann das Geld sowohl direkt in das Projekt stecken, das man unterstützen will, als auch über einen Umweg, wenn man eine solide Garantie will, sein Geld irgendwann wiederzusehen, oder weil man es lieber einer sachverständigen Instanz überlässt, welche Projekte unterstützt werden und welche nicht.

Bei solchen Instanzen unterscheiden wir drei Typen. Die weitestgehende Art, Kapitalströme in den Griff zu bekommen, ist die Gründung einer Bank. Wegen der finanziellen und rechtlichen Bedingungen, die erfüllt werden müssen, ist das heutzutage nicht einfach. Dennoch gibt es in Holland einige Banken, wie z.B. die Triodos Bank und die ASN Bank, die sich bewusst „radikal“ anders profilieren und für sich beanspruchen, soziale, ethische und ökologische Prinzipien zu haben. Daneben gibt es immer mehr Möglichkeiten, „grün“ oder ethisch vertretbar anzulegen. Neben der Triodos Bank und ASN Bank bieten auch andere‚ größere Banken in zunehmendem Maße solche Investmentprodukte an. Außerdem gibt es in Holland noch zwei einzigartige Schenk-Fonds.

Grüne und ethisch verantwortliche Geldanlagen
In den letzten Jahren wächst das Interesse für „grüne und ethisch vertretbare“ Geldanlagen. Das hängt mit der Einführung des grünen Steuergesetzes 1995 zusammen. Da die Dividende von grünen Investitionen steuerfrei ist, fördert der niederländische Staat auf diese Art Investitionen, die zum Schutz von Natur und Umwelt beitragen. Hierdurch entstand aber auch ein Wildwuchs an finanziellen Produkten, die einen grünen oder sozialen Touch haben und sich alle unter dem Sammelnamen „grün“ präsentieren. Grün verkauft sich gut, soviel sollte deutlich sein. Dennoch besteht die Frage, wie grün Grün wirklich ist.

Eine wichtige Unterscheidung auf diesem Gebiet liegt zwischen den spezifischen Grünfonds und den nachhaltigen und ethischen Wertpapierfonds.2 Pauschal gesehen läuft es darauf hinaus, dass nachhaltige Anlagen idealistischer klingen als sie in Wirklichkeit sind. Sie bleiben letztendlich eine Form des Investments, das eine möglichst hohe Rendite erzielen soll. Diese sogenannten nachhaltigen Fonds (in Holland: het Andere Beleggingsfonds, ABN Amro Duurzaam Wereldfonds, ASN Aandelenfonds, Robecco Duurzaam Beleggingsfonds, ING Duurzaam Fonds und der Triodos Meerwaardefonds) legen in selbst ausgewählten Anteilen börsennotierter Firmen an, die innerhalb ihrer jeweiligen Branche unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten am besten sind. Es ist eine riskante Investitionsart, die in der Regel eine hohe Rendite erzielt. Den Firmen, deren Wertpapiere gekauft werden, ist es allerdings egal, wo das investierte Kapital herkommt. In dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied zu jeder an die Börse gegangenen Firma.

Investieren in sogenannten Grünfonds (in Holland: ABN Amro Groenfonds, ASN Groenprojectenfonds, Postbank Groen, Rabo/Robeco Groep Groenrente Fund und Triodos Groenfonds) hat eine ganz andere Dynamik und dementsprechenden auch anderen Wert. Hier geht es um eingezahltes Geld, das genutzt wird, um an Unternehmen und ökologische Projekte Kredite zu vergeben. Finanziert werden damit Projekte, die für die Erhaltung von Natur und Umwelt wichtig sind. Sie konzentrieren sich auf nachhaltige Energie, biologische Landwirtschaft, dauerhaften Wohnungsbau und Natur- und Landschaftsschutz. Im Allgemeinen bringen diese Investitionen – jedenfalls kurzfristig – viel weniger Rendite als Wertpapiere von kommerziellen Unternehmen. Die Politik des Staates richtet sich durch die Steuerfreistellung von „grünen“ Zinsen und Dividenden darauf, diesen Unterschied zu verringern. Das gilt übrigens nur für die vom Staat anerkannten Grünfonds.

Triodos Bank
Die Triodos Bank ist eine unabhängige Bank, die 1980 in Holland von Leuten gegründet wurde, die sich von anthroposophischem Gedankengut haben inspirieren lassen. Die Triodos Bank steht für „neues Banking“, was in deren aktiver Haltung gegenüber der Entwicklung von nachhaltigen Energiequellen, biologischer Landwirtschaft, Kunst und Kultur, Natur- und Umweltschutz zum Ausdruck kommt. Auch setzt die Bank ihre Kenntnisse im Rahmen von Entwicklungs-(-zusammen)arbeit ein. Die Triodos Bank war ebenfalls beteiligt an der Gründung von INAISE, einem internationalen Netz finanzieller Einrichtungen, die in der sozialen Ökonomie aktiv sind.

Bei der Triodos Bank dreht sich nicht nur alles ums Geld.3 Man legt mindestens genau soviel Wert auf Dinge, die sich schwer in Geld ausdrücken lassen. Bei finanziellen Entscheidungen sollte immer mehr Rücksicht genommen werden auf die Interessen von Mensch und Natur, findet Direktor Peter Blom: „Energieverbrauch, Naturerhaltung und Menschenrechte sind keine unverbindlichen Fragen mehr – falls sie es je waren.“ Das hat seine Konsequenzen hinsichtlich dessen, was man als Bank finanziert und was nicht. Bei der Triodos Bank müssen Betriebe und Projekte, die für Finanzierungen in Betracht kommen, zwei Kriterien erfüllen: Nachhaltigkeit und Menschenwürde.

Im Laufe der Zeit ist die Bank ziemlich gewachsen. Seit 1994 ist die Bilanzsumme von etwas mehr als 200 Millionen Gulden um fast zwei Milliarden gestiegen, die Bank konnte sich mit Filialen in Belgien und England ausbreiten. Peter Blom: „Es gibt immer mehr Menschen, die von unseren Prinzipien angesprochen werden. Hinzu kommt, dass sich das Investieren in Nachhaltigkeit vor allem in den letzten Jahren sehr gelohnt hat. Sogar soweit, dass unsere Bedingungen und Zinsen sich inzwischen an denen unserer Kollegen messen können. Auch hier zeigt sich, dass der Markt umweltfreundlicher Initiativen erwachsen geworden ist. Anders formuliert: Investitionen in diesem Sektor sind nicht nur prinzipiell vertretbar, sondern auch finanziell.“
Für SparerInnen hat die Bank unterschiedliche Anlagemöglichkeiten. Bei jeder Sparart kann man seine Zinsen (oder einen Teil davon) einer Wohltätigkeitsorganisation eigener Wahl schenken. Von den Zinsen der Triodos Bank profitieren inzwischen mehr als 250 verschiedene Organisationen und Einrichtungen, von landesweit bekannten Organisationen wie Aids Fonds und Vereniging Milieudefensie bis zu weniger bekannten lokalen Initiativen. Eine besondere Art zu sparen ist der Nord-Süd-Plan (Noord–Zuid) und das dazugehörige Sparkonto, das zusammen mit der Entwicklungsorganisation Hivos entwickelt wurde. Ziel ist es, die selbstständige Position von Unternehmen in den Entwicklungsländern zu stärken und damit ihre Abhängigkeit vom reichen Norden zu verkleinern.

Grüne und nachhaltige InvestorInnen können auch direkt zur Triodos Bank gehen. Man meldet sich bei der Ausgabe von Zertifikaten und Wertpapieren an, wodurch man ein Stück weit MiteigentümerIn der Bank wird. TeilhaberInnen werden zur jährlichen Versammlung eingeladen, haben jedoch kein Wahlrecht. Dieses bleibt bei der Stiftung Administratiekantoor Aandelen Triodos Bank, deren Vorstand von den TeilhaberInnen gewählt wird. Der Grund dafür ist, dass die Bank auf diese Art nicht von einer anderen finanziellen Einrichtung übernommen werden kann und so ihre Identität, Ziele und Unabhängigkeit gewährleistet kann.4

Die Bank hat zwei spezielle Wertpapierfonds im Angebot: Den Triodos Meerwaardefonds (Meerwaarde = Mehrwert) und den Triodos Groenfonds (groen = grün). Der Meerwaardefonds legt in Wertpapieren von börsennotierten Unternehmen an, die sich von anderen in sozialer, ökologischer und finanzieller Hinsicht unterscheiden. Er kombiniert gute finanzielle Resultate mit gesellschaftlichem Engagement. Die Auswahlkriterien, mit denen die Bank arbeitet, beinhalten zuallererst ein Ausschlusskriterium: In Unternehmen, die mit Kernenergie, Waffenhandel, Pelzhandel und der Zigarettenindustrie zu tun haben, wird generell nicht investiert. Aufgrund ihrer Nachhaltigkeit werden Produkte und Dienstleistungen gefördert, die man hinsichtlich einer menschenwürdigen und dauerhaften Gesellschaft für wichtig hält, das sind z.B. biologische Landwirtschaft, Telekommunikation, öffentliche Verkehrsmittel, Bildung, nachhaltige Energie und Gesundheitswesen. Unternehmen in Branchen, die nicht als nachhaltig betrachtet wurden, werden einem Rating unterworfen. Sie können erst teilnehmen, wenn sie innerhalb ihrer Branche zu den fünfzig besten in den Bereichen Soziales und Umwelt gehören. Solche Studien werden regelmäßig wiederholt.

Der Groenfonds legt mindestens 70 Prozent seines Vermögens in staatlich anerkannten Grünprojekten an. Dazu gehören Windenergie und biologische Landwirtschaft als Spitzenreiter, weitere Projekte sind Umwelttechnologie, Naturreservate und nachhaltiges Bauen. Der Groenfonds ist offiziell anerkannt als „grüne Einrichtung“, was zur Folge hat, dass die Dividende aus diesem Fonds steuerfrei ist.
Außerdem bietet die Triodos Bank ein ausgesuchtes Paket an Versicherungen an, unter denen auch eine spezielle Lebens- und Rentenversicherung ist. Die Prämien werden, genau wie beim Meerwaardefonds, angelegt in Unternehmen,die einen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugen. Auch die eigene Organisation wird von der Bank kritisch begutachtet. Seit 1995 veröffentlicht die Bank einen speziellen Umweltbericht als Teil ihres normalen Geschäftsberichtes.

Algemene Spaarbank Nederland (ASN Bank)
Auch die Unternehmensphilosophie der ASN Bank, wie im Leitbild formuliert (mission statement), ist ausgesprochen idealistisch: „Die ASN Bank ist ein Unternehmen, das die Nachhaltigkeit der Gesellschaft fördern will und sich in ihrem ökonomischen Handeln dadurch leiten lässt. Die Förderung der Nachhaltigkeit wird durch die Mitarbeit an Veränderungen verfolgt, die darauf zielen, Prozesse zu beenden, durch die negative Folgen wirtschaftlichen Handelns auf später verschoben oder auf die Umwelt, die Natur, oder auf arme Bevölkerungen abgewälzt werden.“5
Die ASN Bank sieht Geld als ein Instrument, mit dem man Ideale den KundInnen der Bank näher bringen und mit ihnen teilen kann. Zu diesem Zweck legt die Bank in Wertpapieren von Betrieben, Organisationen und Projekten an, die ehrlich und sorgfältig mit Mensch und Tier, Natur und Umwelt umgehen. In der Praxis heißt das, dass die Bank ihr Geld in Wind- und Sonnenenergie anlegt, im Recycling von Rohstoffen und in Naturprojekten. Besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf Projekte in der Dritten Welt, des Gesundheitswesens und des Gemeinwesens in Holland und des Tierschutzes. Hier arbeitet man mit Organisationen zusammen, die in diesen Bereichen aktiv sind.

Der Ursprung der Bank liegt in der modernen Gewerkschaftsbewegung. Seit der Gründung 1960 zieht sich ethisches Anlegen als roter Faden durch das Handeln der Bank, wobei sie für sich beansprucht, dass Idealismus, Investition und Rendite auf vertretbare Art unter einen Hut gebracht werden. Um sicher zu sein, dass Investitionen in Firmen oder Projekte auch einen ideellen Wert haben, durchleuchtet die Bank Unternehmen und Organisationen. Das geschieht anhand von Kriterien, die ein Bild von den Werten ergeben, die für ein verantwortungsbewusstes Unternehmen erforderlich sind. Nukleare Unternehmen, Waffenindustrie und Biotechnologie werden definitiv ausgeschlossen. Dasselbe gilt für Firmen, die ihre Augen vor Umweltproblemen verschliessen. Desweiteren müssen Firmen beweisen, dass sie eine positive Rolle auf dem Gebiet der Menschenrechte spielen, wenn sie eine Niederlassung in Ländern haben, in denen die Menschenrechte ungenügend respektiert werden, und sie müssen auch offenlegen, worin ihre soziale Betriebsführung besteht. Diese Kriterien stehen nicht allein: Firmen müssen in allen Punkten ein gutes Ergebnis erzielen, bevor die ASN Bank deren Aktien kauft.

Als einzige Bank in Holland ist die ASN Bank in ihren Geschäften in Bezug auf Investitionen und Aktien völlig transparent.
Die ASN Bank bietet verschiedene Bankdienstleistungen an. Es geht dabei um Sparanlagen, Wertpapiervermittlung und Hypotheken. Es gibt verschiedene Spararten, die gute Zinsen erbringen. Über ASN Milieusparen (Umweltsparen) können SparerInnen festlegen, dass ihr Geld zielbewusst in Natur- und Umweltprojekten angelegt wird. Hier haben sie auch die Möglichkeit, ihre Zinsen ganz oder teilweise an Organisationen aus den Bereichen Menschenrechte, Tierschutz, Natur und Umwelt, Gesundheitswesen oder Entwicklungshilfe zu verschenken. Konkret geht es um relativ weitverbreitete und allgemein akzeptierte Organisationen wie Greenpeace, Tierschutz, Pax Christi, Amnesty International, Astma Fonds Novib usw.
Bei Wertpapieren können die AnlegerInnen aus verschiedenen Paketen wählen, so wie der ASN Aandelenfonds (Wertpapierfonds, legt weltweit ausschließlich in Aktien von börsennotierten Unternehmen an, auf die die ASN Kriterien zutreffen), der Andere Beleggingsfonds (ein Mischfonds, der sowohl in Aktien wie auch Obligationen angelegt) und der ASN Obligatiefonds.

Es gibt noch zwei weitere spezielle Fonds: den ASN Groenfonds, der in staatlich anerkannten Natur- und Umweltprojeken anlegt, was den Vorteil hat, dass die Dividende steuerfrei ist, und den ASN Novib Fonds. In diesem Fond angelegte Gelder kommen dem Kleinhandel, dem Gewerbe und der Landwirtschaft in Entwicklungsländern zugute, als Kredite mit geringen Zinsen. Die Dividende ist zwar bescheiden, der gesellschaftliche Mehrwert aber hoch.

Es ist auffällig, dass viel Geld der Bank in relativ sicheren und akzeptierten Projekten angelegt wird, bei denen man sich fragen kann, inwieweit damit noch ein Impuls gegeben wird, einen anderen ökonomischen Weg einzuschlagen. Obligationen (ungefähr 30 Prozent der Gesamtbilanz) stammen größtenteils vom niederländischen Staat und anderen Banken, und auch bei den Kundenforderungen (50 Prozent der Gesamtbilanz) ist viel (13 Prozent) an Behörden des niederländischen Staates, der EU und diverser Kommunen verliehen. Der Rest wird hauptsächlich angelegt in herkömmlichen Immobilienkrediten (40 Prozent), im Gesundheitswesen und der Altenpflege (17 Prozent), Bildung (4 Prozent, aber auch bei anderen Banken wie der Bank Nederlandse Gemeenten, Achmea Hypotheekbank und der Nationale Investeringsbank (zusammen 13 Prozent).6
An diese Darlehen werden keine speziellen Bedingungen geknüpft, was teilweise damit zusammenhängt, dass Banken allgemein von der Nederlandse Bank verpflichtet werden, einen Teil ihres Geldes sicher anzulegen. Was die Banken und staatlichen Einrichtungen, bei denen viel des bei der ASN Bank eingezahlten Geldes angelegt ist, dann mit dem Geld machen, ist unklar.

Eine auffallende Initiative, die auch eines der Grundprinzipien des ökonomischen Verkehrs herausforderte, war die zusammen mit der Aktion Strohalm lancierte Idee, einen zinsfreien Fonds zu gründen. Die Idee, nach dem Beispiel der in Skandinavien operierenden JAK-Banken, keine Zinsen auf Sparguthaben zu zahlen, und auf der anderen Seite auch keine Zinsen für Darlehen zu verlangen, wurde als eine Möglichkeit gesehen, dem Geld seinen spekulativen Charakter zu nehmen. Statt Zinsen bekommen die TeilnehmerInnen für ihr Spargeld Punkte, die ihnen das Recht geben, eine gleich große Menge Geld zu leihen. Leider ist aus dem zinsfreien Fonds letztendlich nichts geworden, da das Finanzamt das angesammelte Darlehensrecht der TeilnehmerInnen als zu versteuernde Rendite betrachtete, wodurch die hinter dem zinsfreien Fond stehende Idee zerschlagen wurde.

Ethisches Investment: Mode oder Heuchelei?
Durchschnittliche HolländerInnen haben 33.000 Gulden auf dem Konto. Zusammen haben die niederländischen Haushalte 100 Milliarden Gulden bei Rentenversicherungen beiseite gelegt, 220 Milliarden auf dem Sparkonto und 320 Milliarden sind in Wertpapieren angelegt. Wenn alle holländischen KonsumentInnen ihr Geld anders anlegen und es für eine andere Ökonomie einsetzen würden, bräche in der Finanzwelt augenblicklich Panik aus.7
Mit seinem Spargeld kann man also Macht ausüben. Einige Leute machen das auch und die Nachfrage nach ethischen und grünen Wertpapierfonds wächst, auch wenn nur die Tatsache dahinter steht, dass der Staat anhand von Steuerfreistellung die sogenannten Grünfonds stimuliert. Also ist es gar nicht verwunderlich, dass diese Anlageprodukte nicht nur den AktionärInnen wie der Triodos Bank und der ASN Bank vorbehalten sind, die sich sowieso schon seit Jahren wegen ihrer Einstellung zu Investment und Bankgeschäften für solche Produkte entscheiden. Immer mehr große Banken bieten ethische und grüne Anlageprodukte an.

Will man als Bank das Spiel mitspielen und verfügt über eine Bankgenehmigung, dann muss man sich auch an die Spielregeln halten, die in diesem Falle von der Nederlandse Bank aufgestellt werden. Eine dieser Spielregeln ist, dass Spargeld zum Teil mit geringem Risiko angelegt werden muss. Spargeld ist nunmal eine Leihgabe, die jederzeit rückzahlbar sein muss. Das ist auch der Grund, dass sogar bei der Triodos Bank und ASN Bank eingezahltes Spargeld ziemlich konservativ und risikoarm angelegt wird. 30 Prozent des Kapitals werden durch Staatsobligationen umgesetzt.8 Was der Staat dann mit dem Geld macht ist unbekannt, es ist also möglich, dass es für Ziele benutzt wird, die der Motivation der SparerInnen entgegengesetzt sind – wie zum Beispiel der Bau der Betuwelijn oder von neuen Autobahnen.

Ist ethisches Investment Mode oder Heuchelei? Am 12. Oktober 2000 organisierten ASN Bank und ABF (Andere Beleggingsfonds) den Tag des ethischen Investments. Hauptsprecher war Herman Wijffels, früherer Spitzenmanager der Rabobank und heute Vorsitzender der SER (Sozial ökonomischer Rat). Wijffels sagte, es gäbe keinen Weg zurück, nachhaltiges Wirtschaften gehört sich, lohnt sich und muss sein: „Es ist das einzige Konzept, das noch eine Chance auf Erfolg hat. Nachhaltiges ökonomisches Wachstum, das nicht auf Kosten der Umwelt geht.“ Dennoch gibt es die nötigen kritischen Randbemerkungen: „ Es gib momentan leider noch kein Messgerät, jeder kann das auf seine Art tun. Im Englischen redet man von ‘people, planet und profit‘ als den drei Zutaten, die für eine viel ‘reichere’ Gewinn- und Verlustrechnung sorgen als eine nur einseitig finanzielle Ergebnisrechnung. Man nennt das ‚triple bottom line‘.“ Sehr treffend!9

Große Firmen wie Shell, Ahold und Unilever profilierten sich in ihren Videopräsentationen zwar mit prächtigen PR-Geschichten über Mensch und Umwelt, aber es fiel kein einziges Wort zu gesellschaftlichen Fragen sowie zur Situation der Menschenrechte in Nigeria (Shell), zur Stimulierung des Flugverkehrs durch Airlines (Ahold) oder zur genetischen Manipulation (Unilever).10

XminusY Solidaritätsfonds
XminusY ist eine unabhängige Fonds-Organisation, die sowohl soziale Bewegungen unterstützt, als auch kleine Initiativen, die sich auf politische Selbstbestimmung, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklungen richten. Der Fonds existiert seit 1968. Seitdem hat sich manches verändert. Von einer Bewegung, die sich hauptsächlich für die Verstärkung von Entwicklungshilfe einsetzte, entwickelte XminusY sich immer weiter in Richtung unabhängige Fonds-Organisation, die Basisorganisationen in Holland (Fonds)-Beratungen anbietet und weltweit politische Kampagnen ins Leben ruft und unterstützt.11

XminusY unterstützt vor allem die Projekte und Organisationen für die es schwer ist, woanders Unterstützung zu bekommen, etwa wegen politisch brisanter Themen, für die es in der Regel weder von der niederländischen Regierung noch von staatlich finanzierten Entwicklungsorganisationen Geld gibt, oder als Starthilfe für Initiativen, die kaum organisiert sind und sich noch profilieren müssen. Der Beitrag von XminusY bietet in solchen Fällen oft den ersten Ansatz für eine bessere Organisation. Es kann auch sein, dass die erbetenen Unterstützungsbeiträge zu gering sind, um für große, auf Umsatz zielende Fonds-Organisationen interessant zu sein. Bei der Vergabe der Projektsubventionen geht es bei XminusY immer um die Unterstützung kleiner Initiativen, die von den Mitgliedern selbst gegründet wurden. Jährlich werden für die Unterstützung von Projekten ungefähr 400.000 Gulden verteilt.12

Bei den Projektausgaben fallen zwei Dinge auf. An erster Stelle, dass es oft um bescheidene Beiträge geht (von 500 bis 10.000 Gulden). An zweiter Stelle, dass, obwohl die unterstützten Projekte sehr unterschiedlich sind, die Unterstützung sich oft auf Informationsverbreitung, Kampagnen und politische Bewusstwerdung konzentriert.

Beispiele dafür sind die Unterstützung einer Dokumentation über die Verletzung der Menschenrechte bolivianischer Kakaobauern, einer Kampagne für Kriegsdienstverweigerer in Paraguay, einer Broschüre zu Menschenrechten in Serbien, eines Workshops über Globalisierung in Russland, einer Konferenz für Frauen in der Sexindustrie in Taiwan, der Entstehung eines Dokumentationszentrums über Frauenbeschneidung in Kenia und der Anti–MAI–Kampagne im eigenen Land.

Der Fonds bekommt seine Mittel aus Beiträgen von insgesamt 2500 SpenderInnen und aus ein paar Nachlässen. Nachdem es in den achtziger Jahren weniger gut lief, ist die finanzielle Situation inzwischen relativ stabil. XminusY wird auch unterstützt von lokalen Basisgruppen, von SpenderInnengruppen in einigen Städten bis hin zu einem Club von Leuten, die z.B. dem Fonds Einnahmen aus dem Verkauf von Secondhand-Waren zukommen lassen. Jährlich erhält XminusY ungefähr 700.000 Gulden an Spenden und Schenkungen. Der größte Teil davon (400.000 Gulden) wird direkt ausgegeben für Projektsubventionen, etwa 150.000 Gulden werden in Kampagnen und finanzielle Unterstützung von Basisgruppen investiert. Der Rest wird ausgegeben für Gehälter (der Fonds hat sieben MitarbeiterInnen, von denen zwei ihr Gehalt aus dem Etat der Organisation beziehen), Büroräume und sonstige Bürokosten. Was die Projektführung und Kampagnen betrifft, stützt sich XminusY hauptsächlich auf den Einsatz von ungefähr vierzig Ehrenamtlichen, die aus der sozialen Bewegung und gesellschaftlich engagierten Forschungsinstituten kommen. Diese formen ein internationales Netz, das die MitarbeiterInnen berät hinsichtlich der zu unterstützenden Projekte und Organisationen.
XminusY leistet mehr als nur Projektunterstützung. Der Fonds berät Basisgruppen, finanziell und organisatorisch. Er gibt einen Fondsweiser heraus, in dem mehr als 150 Fonds beschrieben werden, die den basisorientierten Organisationen zugänglich sind. Außerdem ruft XminusY auch selber Kampagnen ins Leben und beteiligt sich an Debatten. Politisch und inhaltlich schwimmt XminusY bewusst gegen den Strom.
Die Globalisierung der Ökonomie und ganz allgemein das Phänomen, dass supranationale Einrichtungen und Zusammenschlüsse (Weltbank, „Festung Europa“) immer mehr über die Köpfe der BürgerInnen hinweg unkontrollierte Beschlüsse fassen und Politik machen können, wird kritisch verfolgt, kommentiert und, wo nötig, direkt bekämpft mit organisatorischer Hilfe, beispielsweise für Attac.

Mama Cash
Unter den Fonds hat Mama Crash einen besonderen Platz inne: der unabhängige Fonds ist schon seit siebzehn Jahren ausschließlich auf die Finanzierung von Aktivitäten zur Veränderung und Verbesserung der Position von Frauen ausgerichtet. Mama Cash strebt eine gerechte Welt an, mit Respekt untereinander und gegenüber der Umwelt, wo für einander gesorgt und Andersartigkeit akzeptiert wird.13

Mama Cash ist ein ausgesprochen feministischer Fonds, der startenden Unternehmen in Holland Mikrokredite gewährt, für sie haftet und Subventionen an gesellschaftliche und kulturelle Projekte in Holland, Mittel- und Südeuropa und im Süden („Dritte Welt“) vergibt. Ökonomische Unabhängigkeit und Selbstbestimmung von Frauen ist für Mama Cash der wichtigste Ausgangspunkt für ihr Handeln. Die besondere Aufmerksamkeit des Fonds gilt Randgruppen, zum Beispiel schwarzen Immigrantinnen und Flüchtlingen, Mädchen, lesbischen Frauen und Frauen mit Behinderungen.
Nachhaltigkeit spielt bei der Finanzierung eine große Rolle in dem Sinne, dass ein langfristiger Effekt für das unterstützte Projekt erreicht werden soll. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Unterstützung von Bewusstwerdungsprozessen, Kompetenzförderung, dem Aufbau von ökonomischer Unabhängigkeit und häufig der Gründung von Informationseinrichtungen. Bei der Vergabe der Subventionen versucht Mama Cash über ihr Netz an lokalen BeraterInnen Einsicht zu bekommen in den ökologischen, politischen und sozialen Kontext, in dem die Gruppen arbeiten. Marlise Mensink, Koordinatorin der Spendenwerbung und der Kommunikationsabteilung des Fonds: „Mit viel Mut, Solidarität und Erfindungsreichtum arbeiten Frauen überall auf der Welt an der Verbesserung ihres Lebens und dem ihrer Töchter, Mütter, Cousinen, Freundinnen und Nachbarinnen. Mama Cash sieht sich selbst als Teil dieser Bewegung und finanziert darum ihre Projekte. Somit ist die Agenda der internationalen Frauenbewegung die Agenda von Mama Cash. Wir wollen anderen nicht vorschreiben, wie sie ihre Projekte am besten durchführen können und welche Themen dabei an die Reihe kommen. Darüberhinaus finden wir, dass es wesentlich ist, bei der Verbesserung der Position der Frauen viel Aufmerksamkeit auf ihre ökonomische Unabhängigkeit zu richten.“

Ein kleiner Teil des Geldes, das Mama Cash als Spenden und Darlehen empfängt, kommt dem eigenen Vermögen des Fonds zugute und wird nachhaltig angelegt.

Mama Cash besteht aus einigen Teilfonds. Jeder hat ein eigenes Arbeitsgebiet und eigene Kriterien für die Bewilligung von Anträgen. Der Garantiefonds will die ökonomische Selbständigkeit von Frauen stimulieren, indem er die Kreditmöglichkeiten für Unternehmerinnen vergrößert. Das geschieht in der Regel durch die Haftung für beginnende und karriereorientierte Unternehmerinnen, wenn die Bank das als Bedingung für einen Kredit stellt. Der Kulturfonds vergibt kleine Subventionen und Darlehen mit niedrigen Zinsen oder zinsfrei an Projekte, die die Vielfalt und Stärke von Frauen in Holland sichtbar machen. Es geht vor allem um Projekte, die zur Entwicklung von kritischem Denken hinsichtlich geschlechtsspezifischer und ethnischer Fragen beitragen, und dem Sichtbarmachen von künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten, Ideen und Erfahrungen von Frauen dienen.
Über den Südfonds unterstützt Mama Cash kleine, selbstständige Frauengruppen in der Dritten Welt. Es geht um Startkapital zur Gründung neuer Gruppen oder neuer Projekte, die die Emanzipation von Frauen fördern. Der Mittel- und Osteuropafonds macht dasselbe u.a. mit ehemaligen Sowjetrepubliken (newly independent states) und in Mittel- und Osteuropa. Die Erbtöchter ist ein selbstständiges Netz von Frauen, die durch eine Erbschaft Vermögen erworben haben. Ziel ist es, das Selbstvertrauen dieser Frauen zu vergrößern, so dass sie selber die Verantwortung für ihr Kapital übernehmen können und sie anzuregen, das Geld auf eine gute Art gesellschaftlich zu verwenden. Daneben hat Mama Cash kürzlich auch noch ein spezielles Programm gestartet im Zusammenhang mit ökonomischem Empowerment.

Man kann zu Mama Cash durch einmalige oder regelmäßige Spenden beitragen, aber auch indem man ihr über längere Zeit zinsfrei Geld leiht. Der Fonds ist intensiv mit Spendenwerbung beschäftigt, wodurch das Budget in den letzten Jahren deutlich angewachsen ist. Ein großer Teil des Einkommens kommt von privaten SpenderInnen, aber auch von bewährten Finanzierungsinstanzen und großen Subventionsgebern, so wie das niederländische NOVIB, Hivos, Coraid und die Stiftung Doen (Tun) und sogar die John D. and Cathrine T. Macathur Foundation – einer der größten amerikanischen Fonds – unterstützt die Arbeit von Mama Cash. 1999 gab es einen einmaligen Beitrag des niederländischen Staates.14 Im Vergleich zu den „großen“ Fonds ist Mama Cash nicht so umfangreich. Dennoch wurden 1999 ungefähr 3,5 Millionen Gulden an Schenkungen, Darlehen und Garantien für ungefähr 550 Anfragen vergeben.15

Obwohl in vielen Ländern die Gleichstellung von Frau und Mann gesetzlich geregelt ist, gelingt die Umsetzung in die Praxis kaum, so Mama Cash. M. Mensink: „In Holland zum Beispiel hat das hauptsächlich mit eingefahrenen Mustern und einem noch ausstehenden Kulturwandel zu tun. Im Rest der Welt ist das nicht anders, wobei vor allem in Lateinamerika, Afrika und Asien die Religion noch immer einen starken Einfluss auf politische und gesellschaftliche Diskussionen zum Thema Rollenmuster hat. Mama Cash will versuchen, dieses Rollenmuster zu durchbrechen, wo es geht.“
Von Anfang an hat Mama Cash sich dafür entschieden, kleine Projekte zu finanzieren, die aus der Grassroots-Frauenbewegung kommen. M. Mensink: „Wirkliche Veränderungen in der Gesellschaft fangen oft auf diesem Niveau an und verdienen deshalb Unterstützung. Die Grassroots-Frauenbewegung hat jedoch kaum Zugang zu Geldquellen. Lange haben wir, weil wir nicht so groß waren, bloß kleine Beträge vergeben können, im Durchschnitt etwa 5.000 Gulden pro Projekt. Die Praxis zeigt oft, dass gerade die Unterstützung solcher Frauengruppen viel bringt, weil es um mehr geht als nur um den überwiesenen Betrag auf dem Konto. Finanzielle Unterstützung bedeutet also auch moralische Unterstützung, Anerkennung der Arbeit, die Frauen verrichten, und Solidarität.“

Anmerkungen
1 Nico Schouten und Karel Glaastra van Loon – Atlas der Macht – update 2000, papieren Tijger, Breda und Ketch-Up Press, Rotterdam
2 Thomas Steiner – Grüne Geldanlagen, Zeist, Januar 2000
3 Wenn Sie sich für eine Bank entscheiden, bei der nicht nur Geld zählt – Triodos Bank, 1999, Zeist
4 Werde Aktionär bei der Triodos Bank – Triodos Bank, 1999, Zeist
5 ASN Bank – Geschäftsbericht 1999, Den Haag, 2000
6 ebenda
7 eroen Trommelen – Handbuch Umwelt, sauberes Anlegen, in de Volkskrant, 23.September 2000
8 ebenda
9 Interview mit Herman Wijffels, in Spaarmotief, Herausgegeben von der ASN Bank, Dezember 2000
10 Jaap Draaisma – Ethisch Anlegen: Hype oder Hypokrisie? In SolidairNews no 2, Utrecht, November 2000
11 Gerschäftsbericht 1998 – XminY Solidariteitsfonds, Amsterdam
12 ebenda
13 Mama Cash, Annual Report 1999, Amsterdam 1999
14 ebenda
15 ebenda

 

Nils Buis arbeitet als Grafik-Desginer in seinem Betrieb „Om tekst en vorm“ und im Utrechter Wohnprojekt „de bonte kaketoe“. Er ist Mitglied des Vereins „Solidair“. Jaap van Leeuwen arbeitet im Bereich Beratung nachhaltige Technologien, „ADT“ (Advies duurzame technologie). Er ist Mitglied des Vereins „Solidair“.
WEITERFÜHRENDE LINKS:
www.solidair.nl
www.triodos.nl
www.asnbank.nl
www.xminy.nl
www.mamacash.nl
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